30. Juni 2008 – Chobe NP, Savuti

Eine schweinekalte Nacht liegt hinter uns. Sie war ruhig, mal abgesehen von unseren südafrikanischen Waschhausfreunden und einem Honigdachs, der unbedingt unseren Müllbehälter ausräumen musste. In der ersten Morgensonne machen wir uns fröstelnd auf einen Morning Drive, der uns relativ wenige Tiere beschert. Verstehen kann ich das; denen ist’s bestimmt auch noch zu frisch, um vor den Touris zu posieren. Gestern Nachmittag war uns noch unser zausliger Schlamm-Massel-Südafrikaner begegnet – frisch rasiert, schlammfrei und mit Freunden in deren Auto. Er hielt neben uns und meinte: Wir sollten uns nicht zu elend fühlen, wenn er uns gestehe, dass er gerade Geparden in der Savuti-Pan gesehen habe, gleich hinter dem Campingplatz. Wir wunderten uns über den komischen Kauz und seine seltsame Bemerkung, bis wir, nach einigem Nachdenken, kombinierten, dass Schlamm-Massel es war, der uns da angesprochen hatte. Annette hatte ihm bei der Rettungsaktion gestanden, sie hätte noch nie Geparden gesehen und wolle das nun unbedingt. Doch so schnieke, wie der Knabe aussah, hatten wir ihn nicht erkannt. Nun schauen wir zum Behufe der Geparden-Sichtung mal in der Pan vorbei, aber natürlich sehen wir nichts dergleichen. Auch unsere Runde um den Leopardenhügel zeitigt kein felides Ergebnis. Dafür aber wärmen endlich die Strahlen der Morgensonne, unsere Mägen knurren und wir kehren zum gemütlichen Frühstück im Camp zurück.

Danach ziehen wir um; von Site 3 auf Site 8. Auch so ein botswanischer Buchungs-Unsinn, aber in diesem Falle sind wir dankbar, denn wir können uns auf eine Site am Rande, fernab vom Waschhausverkehr, zurückziehen. Das Ganze ist schnell erledigt und wir widmen uns über die heiße Mittagszeit der Körperpflege, dem Wäschewaschen und dem Fotografieren. Wie immer haben mir es dabei besonders die Tokos und die Hörnchen angetan. Letztere bekniee, bekrieche und berobbe ich auf der noch leeren Nachbar-Site, bis sie sich an das komische Etwas, nämlich mich, gewöhnt haben und ich einige Wunschtreffer landen kann. Leichter machen es mir die Tokos, von denen gleich drei Arten (Rotschnabel-, Gelbschnabel- und Bradfieldtokos) vertrauensselig um mich Vogeljakobine herumhüpfen und flattern, ohne dass ich sie angefüttert hätte. Das Licht ist schwierig, aber sensationell! Mir gelingen ein paar Fotos, die mich schon im Moment des Abdrückens glücklich aufschnurren lassen. Man sieht Wimpern, die faltige Augenhaut, die Maserung des Schnabels im Gegenlicht, ein Zünglein! Normalerweise „verschwende“ ich nicht übermäßig viel Zeit für Fotos, weil ich einfach mehr mit den Augen und dem Geist als mit dem Objektiv aufnehmen will, aber wenn ich die Muße dazu habe, packt auch mich der Ehrgeiz!

Gegen 15.30 Uhr erreicht die Sonne wieder ihren schönsten Stand, verbreitet ihr wärmstes Licht und wir machen uns auf dem Weg zur Abendsafari. Die Ebenen glühen in fein abgestuften Gelb-, Rot- und Erdtönen, wir beobachten Elefanten beim Baden und dem anschließenden Sich-mit-Staub-Bewerfen, sehen die Sonne rot leuchtend am Horizont versinken und machen uns in der beginnenden Abendkühle zurück auf den Weg zum Camp.

Es dunkelt schon deutlich, als wir auf zwei Schabracken-Schakale treffen, die sich fiepsend, knurrend und jaulend um die Rudimente eines Beutetieres raufen. Sie sind so beschäftigt mit ihrem überlebensnotwendigen Gerangel, dass sie uns kaum wahrnehmen. Ein bisschen fühlen wir uns wie Eindringlinge, aber es ist so wunderschön! Wir kosten die letzten, fotografisch überhaupt nutzbaren Reste des schwindenden Tageslichtes aus, um das zu sehen und festzuhalten. Die Schakale entschwinden kurz darauf in die Dunkelheit; wir auch und zwar Richtung Camp.

Kurz vor den Toren der Campsite sehen wir eine Ansammlung von Fahrzeugen. Sie alle haben ihre Scheinwerfer auf einen Leoparden gerichtet, der gerade vom „Drehort“ abdriftet. Wir haben nicht mitbekommen, auf was er gelauert hatte; ob er es einfach nicht erwischt oder ihm der Verkehr die Tour vermasselt hat. Er dreht ab, Richtung Ranger’s Camp, verschwindet in der Dunkelheit. Natürlich versuchen ihm zahlreiche Fahrzeuge zu folgen, auch wir können der Versuchung, zögerlich, in letzter Reihe nicht widerstehen, aber mich macht es glücklicher, ihn überhaupt gesehen zu haben, als ihm den Rückweg abzuschneiden. Doch offenbar muss ich mich nicht sorgen. Der Leopard kennt seine Schleichwege und wird ungesehen eins mit der Nacht.

Zurück im Camp stellen wir fest, dass der Hörnchen- und Toko-Platz nun in fester und zahlreicher Hand eines südafrikanischen Spaß-Konvois ist. Die gesamte Site 9 – und die ist groß – wird von ca. 20 Leuten besetzt. Ist nicht erlaubt, ist aber so. Die wiederum haben um die 10 Autos dabei; ist auch nicht erlaubt, ist dennoch ebenfalls so. Im Interesse der Erstellung einer sicheren Wagenburg wurde alles dergestalt verzeltet und verparkt, dass die einzige Möglichkeit, diese Site zu verlassen, direkt über unseren Campingtisch führt; mehr oder weniger. Das wird auch um’s Haar eingefordert, doch die dicken 4x4s finden gerade noch ein paar Zentimeter zum Vorbeifahren, so dass wir nicht weichen müssen. Sorry, guys, so flöten sie pseudo-entschuldigend aus dem Autofenster beim Durchfahren unserer Site. Wir sind trotz halbherzig geäußerter Entschuldigung fassungslos ob dieser Dreistig- und Respektlosigkeit. Mag das auch deutsch gedacht sein…

Es geht noch weiter: der ganze Platz hält sich an die Nachtruhe gegen 22.00 Uhr, allein unsere Nachbarn nicht; die sind in Ballermann-Stimmung. Da gibt es offen-hörbar einen umschwärmten Witzbold, der, er hat noch nicht mal Luft geholt, um einen Witz zum Besten zu geben, von allen anwesenden Damen laut wiehernd mit schrillem Gegacker bedacht wird. Ich hör das, eingekuschelt in meinen Schlafsack, nehme es missbilligend zur Kenntnis, es nervt, ich schlafe aber einfach ein. Doch das Spektakel zieht sich bis nachts um halb drei. Annette findet keinen Schlaf, auch der Sinn der Witze erschließt sich ihr nicht, so dass sie wenigstens mitlachen könnte. Klar, dazu fehlt ihr der nötige Alkoholpegel und auch der Drang, dem Joke-Macher gefallen zu wollen.

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