Wir wachen auf und es tropft noch immer auf’s Zelt. Ein Blick nach draußen zeigt, dass das Wasser nur aus den Bäumen kommt, aber der Himmel sieht trotzdem nicht sehr vielversprechend aus. Alles ist klamm, die Temperatur recht ungemütlich und ich fühle mich nicht so happy, wie ich eigentlich sollte. Heute nämlich beginnt der Teil der Reise, auf den ich mich am meisten freue – wir werden ins tiefe und hoffentlich trockene Herz der Kalahari vordringen; eine Gegend, die mich durch ihre Kargheit ganz besonders anzieht. Apropos anziehen: viele trockene Sachen haben wir nicht mehr, deshalb spanne ich mein Wäscheseil zwischen zwei Papayabäumen und hänge das nasse Zeug auf; vielleicht verdunsten ja noch ein paar Milliliter bis zu unserer Abfahrt. Heinz und Jürg haben inzwischen ein munteres Feuerchen entfacht und bald gibt es deftiges Frühstück mit Rührei und Boerewors, quasi als Ausgleich für das ausgefallene Abendessen. Das tut gut, wie auch die ersten zögerlichen Sonnenstrahlen, die durch ein Loch in der Wolkendecke spitzen. Mein Optimismus kehrt zurück und vor lauter „Übermut“ stürze ich mich nach dem Packen unter die Dusche. Mein Bedarf an Wasser in äußerlicher Anwendung wäre eigentlich vorerst gedeckt, aber die Sache mit dem Duschen könnte in den nächsten Tagen ein wenig schwierig werden…
So, die Hygiene-Prophylaxe ist erledigt, unser Krempel im Auto, auch die immer noch feuchten Klamotten und wir fahren los. Zunächst mal bloß bis zum Campoffice, um für die Nacht zu bezahlen. Die Lady hinter dem Tresen erzählt, es gäbe zwei-, dreimal im Jahr schwere Gewitter in der Gegend, aber das Unwetter von gestern Abend sei ungewöhnlich heftig gewesen – mehr oder weniger ein Jahrhundertgewitter. Na, das haben wir ja prima getroffen! Doch wir haben es vergleichsweise wirklich noch gut mit unseren Zelten und Autos, denke ich mir, als wir nach Maun hineinfahren und ich mir die teilweise recht löchrigen Hütten ansehe. Die sind alles andere als dicht, beherbergen ganze Familien mitsamt deren Hab und Gut und sehen auch nicht unbedingt aus, als würden sie allzu heftigen Stürmen standhalten. Teilweise liegen Strohmatten und Blechteile auf der Straße, genauso wie herabgefallene Äste und überall stehen tiefe Pfützen; der Verkehr in die Stadt wird mehrmals um diese Hindernisse herumgeleitet. In Maun City hingegen ist alles wie immer – nur ein bisschen sauberer und weniger staubig.
Wir parken unsere Autos am Flughafen und schwärmen, wie gehabt, aus. Annette und Jochen ins Department, das gestern schon geschlossen hatte und wir in die Souvenirläden. So richtig Verlockendes aber haben diese nicht zu bieten. Heinz ist ohnehin schon versorgt und mir macht der Andenkenkauf in Läden zudem nicht wirklich Spaß, also marschieren wir beide nach einer Weile die zwei Kilometer zur Hauptstraße hinüber. Die dortige Mall ist leider ebenfalls ziemlich uninteressant – bis auf einen riesigen Schnapsladen mit beeindruckenden Beständen. Ein überreiches Angebot an Weinen, Bieren und anderen Spirituosen aus aller Herren Länder, in großen Flaschen, kleinen Flaschen, Dosen und Kanistern wir hier feilgeboten. Heinz entscheidet sich nach ausgiebigem Bummel für einen leichten Kokos-Aperitif, den er heute Abend zur Feier unserer Ankunft in der Zentralkalahari ausschenken will und ein abenteuerlich aussehendes Chemie-Fruchtsaftgemisch-Döschen für sich selbst. An der Kasse wollen wir das und meinen Guavensaft bei einer schwarzen Kassiererin bezahlen, die allerdings extrem lustlos wirkt. Im Adler-Suchsystem tippt sie die Preise ein, gibt umständlich und quälend langsam Wechselgeld heraus und sagt dann nuschelnd etwas, was klingt, als würde sie gerne unseren „Passport“ sehen. Was, wir Anfangs-Vierziger sollen uns ausweisen? Mal davon abgesehen, dass unsere Päße im Autotresor ruhen, sehe ich das gar nicht ein. Doch penetrant wiederholt die Kassenschnecke brabbelnd dieses eine Wort. Ist die besoffen? „Pssstgr“, beharrt sie schläfrigen Blicks. Endlich begreifen wir, was sie meint: Plastic bag for your drinks?! Wir nicken erleichtert und sie wirft unsere Getränke mit stoischer Ruhe in eine windige Plastiktüte, die wir immer gut als Müllsackerl brauchen können.
Mit unseren hart erarbeiteten Einkäufen traben wir zurück Richtung Flughafen, wo Tommi und Sven schon in einem Café auf den Rest der Truppe warten. Doch Patricia und Sven sind noch beim Shoppen, Annette und Joachim nicht in Sicht, so dass Heinz und ich die Zeit nutzen und ein paar Postkarten einmarkten; in den kommenden Tage haben wir sicher mal Muße, an unsere Lieben zu schreiben.
Mittlerweile sind auch Annette und Joachim wieder da, kopfschüttelnd, und erzählen uns auf der Weiterfahrt wenig prickelnde News aus dem Department. Ein Aufenthalt auf der Linyanti-Campsite zum Beispiel soll in Zukunft 50 US-Dollar pro Person und Nacht kosten. 50 Dollar für einen zugegeben wunderschönen Platz, ein herunter gekommenes Sanitärhäuschen, je eine Wasserstelle und sonst nichts? Nein, nein, so die Aussage, keine Sorge, alles würde neu und schön und sei dann sicher das Geld wert. Keine Sorge? Leichter gesagt, als getan, denn genau das machen wir uns. Sorgen, was da wohl hingebaut werden soll. Einen Luxus-Ablution, eine Flussterrasse, ein Zaun? Es kann auf jeden Fall nichts sein, was diesen Preis rechtfertigen und den Ort in unseren Augen so extrem aufwerten würde; im Gegenteil. Meine düsteren Ahnungen nebst Bauchgefühl dräuen schon wieder – hier ist nichts Gutes im Gange!
Annette hat inzwischen mit ihrem Sohn in Deutschland telefoniert und auch von dort kommen nicht die besten Nachrichten. Patrick hat den Wetterbericht für unsere nächsten Ziele ausgekundschaftet und der besagt, dass es in den nächsten Tagen noch regnerisch bleiben soll. Na super! Mein Autositz, üppig bedeckt mit Handtüchern und Karton, feuchtet noch immer durch diese dicke Schicht hindurch, unsere Klamotten sind nicht mal ansatzweise trocken und jetzt soll es noch mehr regnen – und das in der Kalahari. Nun, wir werden ja sehen.
Was wir jetzt gerade sehen, hängt auch mit den Regenfällen zusammen, ist aber ein wirklich schöner Anblick: der Boteti führt Wasser! Aus vergangenen Jahren kenne ich nur sein trockenes, staubiges Bett und freue mich sehr über das träge dahinfließende Wasser, in dem kleine, saftig-grüne Schilfinselchen stehen. Wir halten an, um dieses Bild zu genießen und auch, um unsere Fleischvorräte vorübergehend aus dem Kühlschrank zu nehmen. Sie wandern in eine Höhle tief zwischen unseren Gepäckstücken, denn bald kommen wir nach Makalamabedi und dort gibt es eine Vet Control, an der jegliche Rohfleisch-Bestände konfisziert werden, sofern man sie entdeckt.
Am Checkpoint angekommen, lassen wir den Officer in unser Auto sehen, in unseren Kühlschrank und tun ganz unschuldig – natürlich haben wir kein Fleisch dabei! Brav latschen wir durch ein versifftes Desinfektionsbecken, tunken gehorsam unser lose im Auto herumliegendes Schuhwerk in die Brühe und der Beamte ist zufrieden. Allerdings versetzt ihm Jürg einen gehörigen Schreck, als er ihn auf drei riesige Stabheuschrecken hinweist, die auf des Officers Rücken Platz genommen haben. Der Knabe wirft einen ungläubigen Blick über die Schulter und beginnt zu hüpfen. „Tu die weg, tu die weg!“, quiekt er. Hach, ist das schön, dass auch andere Menschen, sogar Einheimische, ein Problem mit solchem Viehzeug haben! Ein hilfsbereiter Kollege mit weniger Angst kümmert sich um den Hysterischen, wir passieren unbehelligt den Kontrollposten und biegen gleich danach rechts ab. 77 Kilometer geht es jetzt einen schnurgeraden Doppelzaun entlang, der die Trennlinie zwischen Haina Veld Farms, einem riesigen Rinderweideareal, und reinem Wildgebiet bildet. Der Zaun soll verhindern, dass Rinderseuchen wie MKS von den domestizierten Tieren auf den Wildbestand übergreifen bzw. umgekehrt. Solche Zäune findet man in ganz Botswana; in der Praxis haben sie sich leider als nur bedingt tauglich herausgestellt und zudem präsentiert sich die vor uns liegende, linealgerade Strecke soweit das Auge reicht als recht öde. Zumindest auf den ersten Blick, denn sobald wir außer Sichtweite des Kontrollpostens sind, halten wir an und schlichten unsere, auch aus Seuchenschutzgründen verbotenen Vorräte wieder in den Kühlschrank. Und kaum stehen wir, offenbart das scheinbar langweilige Buschland auch schon wieder seine Kleinodien: unscheinbare Schwarzdorn-Silberbüsche (Catophractes alexandri; Trumpet Thorn) tragen wunderschöne weiße Blüten mit dottergelbem Stempel, der keck aus dem langen Kelch ragt. Das Weiß harmoniert mit den graugrünen, leicht pelzigen Blättchen dieses zur Familie der Trompetenbaumgewächse gehörenden Busches. Auch die Rotrindenakazien (Acacia reficiens; Red Thorn) stehen in vollem Schmuck; üppige Dolden kleiner, cremefarbener Blüten hängen zwischen mimosen-fiedrigen Blättern in zartem Grün und werden von ganzen Schwärmen summender Insekten besucht. Das alles ist so Ton in Ton, so pastellig, dass die zweifarbigen Blütenpüschel des Farbkätzchenstrauchs (Dichrostachys cinerea; Sickle Bush) in ihrer Gelb-Pink-Kombination geradezu herausknallen. Ja, so habe ich mir das vorgestellt, gewünscht! Die einsetzende Regenzeit beginnt ihre Wirkung zu tun, ihren Zauber zu entfalten und wir könnten tatsächlich das Glück haben, eine blühende Kalahari erleben zu dürfen. Und das ist es, auf was ich mich in diesem Urlaub am meisten gefreut hatte. Dass auch Heinz, Annette und Jochen meine Begeisterung uneingeschränkt teilen, macht das ganze noch viel schöner.
Auf der Weiterfahrt vergraben Heinz und ich uns in das exzellente Buch über blühende Kalahari-Pflanzen von N. van Rooyen, das nicht nur mit detaillierten Beschreibungen und guten Fotos glänzt, sondern auch den jeweiligen medizinischen Wert der Wüstengewächse erklärt. Über dieser Lektüre verfliegen die eintönigen Kilometer und bald schon kommen wir am Kuke Corner an, wo der Veterinary Cordon Fence auf den Kuke Fence trifft und die Strecke einen Knick nach Südosten macht. 21 Kilometer noch und wir erreichen Matswere Gate, unsere Eintrittspforte in das Central Kalahari Game Reserve. Eine freundliche Rangerin empfängt uns, froh, dass sie endlich mal wieder ein bisschen Abwechslung im Job hat. Ein Blick ins Gästebuch erklärt ihre Freude: wir sind die ersten Touristen seit 7 Tagen! Da ist es natürlich Ehrensache, ein Schwätzchen zu halten und ein wenig über unsere bisherigen Erlebnisse zu berichten – auch über den Sintflutregen von gestern. Die Rangerin tut ganz erstaunt und versichert uns mit treuherzigem Augenaufschlag, wir müssten uns keine Gedanken machen, hier hätte es noch nicht geregnet und würde es wohl so schnell auch nicht tun. Wenn sie meint, die Gute… Der Himmel allerdings spricht eine andere Sprache. Was unsere Wünsche anbelangt, sind wir natürlich etwas im Zwiespalt; einerseits können wir gerne auf Regen verzichten, andererseits hoffen wir auf Blütenpracht und das eine geht ohne das andere nicht. Doch egal, ob Regen oder nicht, Wasser benötigen wir auf alle Fälle für die nächsten Tage; deshalb füllen wir noch unsere Wassertanks in den Autos und die 20-Liter-Duschsäcke, die wir anschließend aufs Dach schnallen.
Dann geht es hinein in den Park und schon auf den ersten Kilometern ist deutlich zu sehen: es hat sehr wohl geregnet und auch reichlich! Auf den frisch gegradeten Wegen stehen tiefe Pfützen, die die Worte der Rangerin nun endgültig Lügen strafen. Die verschlammte Straße ist nicht ganz einfach zu befahren, hat aber auch ihre guten Seiten: eine besonders große Lache, so sehen wir schon von weitem, ist offenbar beliebter Bade- und Trinkplatz. Riesige Schwärme von Mahali-, Textor- und Blutschnabelwebern sitzen in den umliegenden Bäumen und tauchen wie schwirrende Wolken im Schichtbetrieb hinab zum Wasser. Heinz’ Augen beginnen zu leuchten – auf so etwas hatte er gehofft. Langsam pirschen wir uns näher und beobachten das phantastische Treiben. Winzige gefiederte Körperchen in Grau, Braun und leuchtendem Gelb stürzen wie überdimensionale Wattebälle schwarmweise in die Pfütze, baden flügelschlagend, verspritzen Myriaden silberner Tröpfchen, bevor sie gesammelt wieder hochfliegen und den nächsten Vogelwolken Platz machen. In allen Bäumen der näheren Umgebung hängen kunstvoll gewobene, kugelförmige Nester aus goldgelbem Gras – die Wohnungen der Mahaliweber, die somit direkt an der temporären Adria der Kalahari residieren. Heinz ist so fasziniert, dass er am liebsten gleich hier sein Zelt aufschlagen würde, was aber natürlich nicht geht. Wir haben eine Buchung für ein Kori-Pan-Camp, das wir schön langsam mal ansteuern sollten. Schweren Herzens trennen wir uns von dem aufregenden Tümpel, durchpflügen schlechten Gewissens das klare Wasser mit unseren schweren Landrovern und setzen unseren Weg fort, hinunter nach Deception Valley.
Das CKGR strengt sich mächtig an und präsentiert uns erste Oryx- und Springbockherden, ein Grüppchen Gnus und zahlreiche Borstenhörnchen, die aufgeregt mit ihren Puschelschwänzen schlagen, Männchen machen und uns neugierig anstarren. Gegen Nachmittag erreichen wir die sanfte Abfahrt ins Deception Valley, das Tal der Täuschung. Heute ist es eher das Tal der Enttäuschung, denn von hier oben könnte man eine wundervolle Sicht auf die Weiten der tiefer liegenden Pfannen haben; könnte, doch leider ist das Wetter relativ trüb und verwehrt uns dieses Erlebnis. Dafür aber sitzt ein kleiner Greifvogel auf dem Wegweiser an der Talkreuzung und läßt genau in dem Augenblick, als ich auf den Auslöser drücke, ein kleines weißes Häufchen fallen. Damit drückt er aus, was ich fühle: Scheiß auf’s Wetter, Hauptsache ich bin hier! Wir bewegen uns am Pfannenrand entlang, beobachten aus unmittelbarer Nähe eine Springbockherde – die meisten der Tiere grasen ruhig, ein paar übermütige Jungböcke hingegen gehen rauflustig aufeinander los. Mit Schmackes krachen die Schädelplatten mit den kurzen Hörnchen aufeinander, die Rückenhaare werden eindrucksvoll aufgestellt, die Kontrahenten trennen sich, machen ein paar gummiballartige Hüpfer und ergehen sich in Übersprungshandlungen wie Kratzen und Putzen, bevor sie erneut die Köpfe senken. Das ist doch eine schöne Nachbarschaft für heute Nacht!
Kurz darauf kommen wir auf unserer gebuchten Site an, wunderschön gelegen am Rande der Pan und sehr spaziös. Doch was müssen wir entdecken? Da steht bereits ein Tisch mitsamt Stühlen an der gemauerten Feuerstelle, daneben ein Haufen Feuerholz und zwischen Bäumen hängen an einer Wäscheleine zwei khakifarbene Handtücher. Nein, nicht schon wieder! Immerhin sind keine Zelte zu sehen, was den Abzug der Sitebesetzer deutlich beschleunigen dürfte; wir sind fest entschlossen, uns heute nicht vertreiben zu lassen. Auch für mich ist die Sache klar: es ist unsere Site, aber die ist groß genug, um im äußersten Notfall doch noch die zwei Handtuchbesitzer zu beherbergen – was ich auf keinen Fall will, ist Streit. Im Moment jedoch habe ich ohnehin nur einen Wunsch; nämlich aufzubauen und das immer noch nasse Zeug zum Trocknen aufzuhängen. Doch niemand meiner Mitreisenden macht Anstalten, mit dem Aufbau zu beginnen, es wird nur heftig diskutiert und sich prophylaktisch aufgeregt. Das wiederum regt mich tierisch auf und ich beginne deshalb, die Zelte aus der Dachkiste zu holen. Es ist eine ganz schmale Stahlleiter, die da auf’s Dach führt, ich habe Sandalen an und bereits auf der zweiten Sprosse knalle ich in meiner genervten Schwunghaftigkeit mit dem rechten kleinen Zeh frontal gegen die senkrechte Strebe der Leiter. Aua, tut das weh! Wutentbrannt vollende ich mein Werk, leere die Kiste, bevor ich wieder nach unten klettere und den Schaden begutachte. Es pocht nur noch leicht im Zeh, dafür aber steht der Nagel im Neunzig-Grad-Winkel nach oben und es blutet heftig. Egal, denke ich mir, gebrochen scheint nichts zu sein, biege den Nagel kurzerhand wieder nach unten und schleppe unser Zelt samt Plane an ein hübsches, ruhiges Örtchen mit schöner Aussicht auf die Pan. Heinz bemerkt erst jetzt, was ich da treibe und eilt sofort herbei. Gemeinsam bauen wir auf, ich berichte von meinem Mißgeschick und werde getadelt: „Siehst Schneck, sowas passiert, wenn man sich über Dinge aufregt, die es nicht wert sind.“ Ja, er hat ja recht, aber manchmal übermannt mich der Zorn, da bin ich zu meinem Leidwesen machtlos und ich muss mit dem Kopf durch die Wand. Oder eben mit dem Zeh an die Leiter… Was meine Blessur anbelangt, bin ich zugegebenermaßen recht sorglos, werde aber von Heinz vorbildlich verarztet. Er spült vorsichtig Sand und Blut ab, desinfiziert die Wunde und verklebt den Zeh sehr gründlich, um ihn vor eindringendem Schmutz zu schützen. Dankbar und gut versorgt ziehe ich meine letzte saubere Socke über den Fuß und widme mich endlich unseren nassen Klamotten.
Auch die anderen haben mittlerweile ihre Diskussionen beendet und bauen auf, schön verteilt über den ganzen Platz. Danach stellen wir gemeinsam das Fremd-Equipment beiseite, richten uns häuslich an der Feuerstelle ein und begießen unsere Ankunft mit Heinz’ Aperitif, der sogar Jochen, dem erklärten Kokoshasser, richtig gut mundet. Gemütlich am prasselnden Feuer sitzend, beobachten wir gerade den Sonnenuntergang, als sich ein Fahrzeug nähert – die Site-Besetzer. Es ist ein junges, tschechisches Pärchen, das da voll schlechten Gewissens aus dem Auto klettert, sich vielmals entschuldigt und nach einer wirklich netten, streitfreien Unterhaltung weiterzieht. Die beiden hatten am Vortag ihren gebuchten Platz nicht mehr erreicht und sich hier niedergelassen, in der Hoffnung, die Site sei nicht reserviert. Und weil es so schön war, sind sie gleich einen weiteren Tag geblieben. Jetzt räumen sie ohne Diskussionen das Feld und fahren weiter zum Nachbarplatz, der bei ihrer Herfahrt noch unbesetzt war. Na also, alle Aufregung war umsonst! Entspannt genießen wir unser Braai, das Lagerfeuer und den lauen, trockenen Abend, bevor wir, begleitet von Schakalgeheul, Schlafen gehen.
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