Schon wieder dämmert ein aufregender Tag am Horizont! Na ja, zumindest aufregend für Heinz und mich, denn heute geht es nach Skilpad – und dieser Weg führt über ein Gebiet, das inmitten verheißungsvoller Quarzhügel liegt – Riethuis. Bereits letztes Jahr waren wir hier fasziniert herumgeklettert und hatten uns aufgrund der vorgefundenen Artenvielfalt geschworen, heuer noch viel ausführlicher zu botanisieren. Selbstverständlich haben wir diesen Wunsch unseren Mitreisenden rechtzeitig kundgetan und wurden großzügig erhört: dieser Tag gehört euch und euren Quarzhügeln, unter der Voraussetzung, wir alle kommen nicht allzu spät in Skilpad an. Im Stillen danken wir den stilvoll-lauschigen Unterkünften im Nordosten des Parks, die offenbar so große Anziehungskraft ausüben, dass man uns ohne Zögern ein extensives Sukkulenten-Gekrabbel zugesteht. Auch Heinz und ich freuen uns natürlich auf die luxuriösen Bungalows, auf die komfortablen Betten, das gepflegte Sanitärgemach, die Terrasse mit dem großartigen Ausblick, auf zwei Tage in einer festen Unterkunft, wie sie einladender nicht sein könnte – aber viel wichtiger sind uns selbstverständlich zunächst mal unsere geliebten Bodenschätzchen, deren Rufe bereits sirenenhaft locken.
Crassula elegans ssp. elegans Cono. minutum var. minutum
Aizoaceae
Pelargonium fulgidum
Doch bevor wir aufbrechen, wird erst mal ausgiebig gefrühstückt und danach der Abbau des Lagers abgewickelt. Heinz eilt noch zu seinen Kameras, dann geht es los. Wir schrauben uns nach oben auf den Hauptweg und zuckeln danach gemächlich, unterbrochen von zahlreichen Stopps, Richtung Norden. Stopps, bei denen jeder von uns auf seine Kosten kommt. Und das ist das Schöne an unserer Truppe: jeder interessiert sich mit mehr oder allenfalls etwas weniger Inbrunst für alles, was dem Auge dargeboten wird, jeder von uns hat einen speziellen Fokus, einen speziellen Blick für Details und Besonderheiten, jeder von uns entdeckt immer wieder etwas, was unser aller Herzen erfreut. Für vieles davon halten wir natürlich an und stoßen dabei oft erneut auf etwas anderes, dessen man nur gewahr wird, wenn man aus dem Auto steigt und sich Zeit nimmt, alles auf sich wirken zu lassen. Dass Heinz und ich fast jeden Stopp für unsere botanischen Kernzwecke nutzen, versteht sich dabei von selbst… So gestaltet sich die recht lange Strecke Richtung Skilpad extrem abwechlungsreich und kurzweilig und bevor wir uns versehen, erreichen wir die ersten Ausläufer des Riethuis-Wallekral-Quarzhügelgebiets.
Euphorbia caput-medusae
Tylecodon racemosus
Alles auf einem Quadratmeter!
Heinz und ich gucken uns im Folgenden den vielversprechendsten Haltepunkt aus, landen schließlich wieder da, wo wir auch letztes Jahr schon gestoppt hatten und stürzen uns voller Freude in die Botanik. Ute ergreift ihrerseits die Chance zu körperlicher Betätigung und düst ebenfalls los, Jochen und Annette hingegen nutzen unsere Exkursion, um den für die Sandstrecke abgelassenen Reifen zweier Autos wieder richtig Druck zu verpassen – ein zeitaufwändiges Unterfangen, wenn man nur einen kleinen Kompressor zur Verfügung hat. Doch für diesen Zweck ist er durchaus ausreichend, und, nebenbei bemerkt, je länger es heute dauert, desto lieber ist es uns beiden Bodenschatz-Suchern natürlich! In aller Gründlichkeit also arbeiten wir uns den ersten Hügel nach oben und sind, mal wieder, vollends begeistert von der vielfältigen sukkulenten Vegetation, die hier gedeiht. Die meisten Pflanzen hatten wir letztes Jahr schon gesehen, aber, und das ist faszinierend, eben in einem ganz anderen Zustand.
Crassula columnaris ssp. prolifera
Monsonia ciliata
Conophytum bilobum
Quarzhügel bei Riethuis
Riethuis-Wallekral-Gebiet
Heinz ist fasziniert
Crassula alstonii
Crassula brevifolia ssp. psammophila
Crassula muscosa var. muscosa
Was vor achtzehn Monaten noch unscheinbar, verschrumpelt und meist ziemlich unansehnlich gewesen war, strotzt heute vor Saft und Kraft, erstrahlt in den schönsten Farben, zeigt junge Triebe und Blätter. Und hin und wieder entdecken wir sogar ein Gewächs, das sich auf unserer letzten Tour vor uns versteckt hatte – nahezu unsichtbar unter der Boden-Oberfläche verborgen, in der beginnenden Winterruhe. Voller Freude umrunden wir den Hügel in immer enger werdenden Spiralen und delektieren uns an der immensen Vielfalt, die auf so engem Raum gedeiht. Heinz’ Blick schweift dabei immer wieder sehnsüchtig zu den benachbarten Quarzkuppen, denn die hatten wir uns ja ebenfalls zur Erkundung vorgemerkt. Meine anfangs ebenfalls noch vorhandene Sehnsucht jedoch beginnt nach eineinhalb Stunden des Botanisierens in glühender Hitze zu bröckeln, ganz allmählich, dafür aber umso deutlicher: mich schwummert. Obwohl wir uns nur etwa dreißig Höhenmeter über der Fahrspur befinden, so ist es hier viel windiger und gleißender. Die Hitze greift nach mir, ein Wind, der nicht kühlt, fönt mich pergamentig und raubt mir alle Kraft, meine Augen wollen nicht mehr scharfstellen, weil sie trocken sind, brennen und sich gegen das von den Quarzsteinen reflektierte Sonnenlicht wehren. Ich habe das Gefühl, ausgesaugt zu werden und gleich umzukippen. Aber ich Depp bin ja selbst schuld: ich habe keinen Hut auf und sträflicherweise auch kein Wasser mitgenommen. Kein Wunder also, dass mein Kreislauf nicht gerade mit dem Pudelwohl-Modus zu reagieren gewillt ist. Da hilft nur eines – ich muss in den Schatten und erst mal Wasser tanken!
Aloe krapohliana
Haworthia arachnoidea
Albuca spiralis
Heinz hingegen fühlt sich erstaunlicherweise immer noch topfit und würde mit Sicherheit gerne noch den einen oder anderen Hügel erklettern, begleitet mich aber langsam nach unten. Die Betonung liegt auf „langsam“, denn so alle bin ich noch nicht, dass ich nicht immer noch Freude empfinden würde, wenn ein besonderes Gewächs zu sehen ist. Und da gibt es viele… So also schrauben wir uns ganz allmählich nach unten, Schritt für Schritt, immer schön aufpassend, um nur ja keine Pflanze zu übersehen und auch, um nicht über meine eigenen Füße zu fallen. Am Auto angekommen, sinke ich ermattet in den schmalen Mittagsschatten und litere mir eine Flasche lauwarmes Wasser auf ex rein. Es zischt fast hörbar, dauert aber annähernd eine halbe Stunde, bis ich wieder einigermaßen brauchbar bin. Das war wohl „just in time“ – in zweierlei Hinsicht. Denn nicht nur mein Kreislauf war offensichtlich kurz vor knapp, sondern auch unsere Mitreisenden: die Reifen waren bei unserer Rückkehr schon länger wieder prall gefüllt und eine gewisse Ungeduld machte sich daraufhin breit, wurde jedoch unterdrückt, um uns die Quarzhügel, wie versprochen, gebührlich genießen zu lassen. Zur Kompensation dieser lästigen Wartezeit wurde wohl kurzerhand ein Mittagssnack ausgepackt, dessen letzter Bissen gerade geschluckt wird, als ich mich wieder in der Lage sehe, aufzustehen und aus dem Schatten des Autos – und meinem eigenen – zu treten.
Alter Friedhof …
… zwischen Riethuis …
… und Soebatsfontein
Gut gelaufen! Na ja, semigut. Denn während wir nun weiterfahren, mache ich mir mannigfaltige Gedanken und auch Sorgen. Heinz und ich haben diesen Urlaub unter der expliziten Prämisse angetreten, genügend Zeit für unsere Exkursionen zugestanden zu bekommen. Das aber scheint ein echtes Definitionsproblem zu sein. Was ist „genügend“ Zeit? Heinz und ich verstehen darunter offensichtlich etwas völlig anderes als unsere Mitreisenden, trotz aller gegenseitigen Kompromissbereitschaft. Dass es schwierig werden könnte, war Heinz und mir von Anfang an bewusst. Wir versuchten deshalb stets Rücksicht zu nehmen, wollten uns jedoch auch nicht gehetzt fühlen. Doch das tun wir. Besonders ich. Warum nur? Kontemplation ist angesagt! Der erhellende Moment überkommt mich, als wir einen uralten Friedhof erreichen, zu dessen Besichtigung alle aussteigen – nur ich nicht, ich grüble stattdessen weiter. Und komme zu einem Ergebnis, das sich aus mehreren Erkenntnissen zusammensetzt. Erstens: ich fühle mich gehetzt, weil ich nicht möchte, dass Heinz sich unter Zeitdruck sieht. Das tut er zwar, aber er reagiert darauf wesentlich unerregter und gelassener als ich. Zweitens: vor ein paar Stunden noch fand ich unsere Truppe super, weil wir alle einen Blick für Kleinigkeiten haben und deshalb oft anhalten. Heinz und ich freuen uns ebenfalls über derartige Sichtungen, nutzen diese Stopps jedoch meist für unsere ureigenen Zwecke und erkunden „konfliktfrei“ die Pflanzenwelt, während sich unsere Freunde an etwas anderem erfreuen. Heinz genießt diese Chancen mit fast diebischer Freude, ich hingegen empfinde das als Ausbüxen, als den anderen etwas abtrotzen – und das ist kein besonders angenehmes Gefühl. Und drittens: der Grund, warum das alles gerade jetzt in mir hochwallt, ist Angst. Eine Angst, die nur mittelbar mit unserem Hetz-Dilemma zu tun hat, die aber so konkret ist, dass ich sie in einer Art Verdrängungtaktik in Unzufriedenheit ummünze und mich deshalb momentan doppelt gehetzt fühle. Meine Angst allerdings bezieht sich auf etwas anderes: in ein paar Tagen werden wir im Richtersveld sein, einem absoluten Sukkulenten-Eldorado, das uns auf der letzten Tour völlig in seinen Bann gezogen hatte. Aufgrund dessen hatten wir mit Annette und Jochen im Vorfeld ausgemacht, dass sie uns zu einem bestimmten Ort bringen und uns dort für ein paar Stunden „aussetzen“, damit wir in aller Ausgiebigkeit unserer Passion nachgehen können, ohne unsere Mitreisenden zu langweilen. Nun aber hat mir die Hitze auf dem kleinen Quarzhügel bei Riethuis so zugesetzt, dass ich bei dem Gedanken, stundenlang im klimatisch noch erbarmungsloseren Richtersveld unterwegs zu sein, ohne ein rettendes Auto im Hintergrund zu haben, blanke Angst verspüre.
Wir verlassen Riethuis
Verfallenes Farmhaus
Rauf zum Soebatsfontein Pass
Mann, ist die Psyche was kompliziertes! Doch jetzt, da ich der Hauptursache meiner Nöligkeit auf die Spur gekommen bin, fühle ich mich gleich wieder besser. Also – alles halb so schlimm -, und das mit unserer Exkursion im Richtersveld wird schon irgendwie werden. Ich atme auf, genieße das wieder auflebende Gefühl von Freude und Zufriedenheit und strahle meine Freunde glücklich an, als sie von ihrem kleinen Friedhofsausflug zurückkommen. Jetzt kann es weitergehen, hinauf zu unseren Traumbungalows in der Skilpad-Sektion des Namaqua Nationalparks. Wohlgemut kurven wir weiter, verlassen kurzfristig den Park, um den Weg abzukürzen, passieren das recht trostlose Örtchen Soebatsfontein, entern den Park erneut und schrauben uns dann den steilen, kurvigen Soebatsfontein-Pass nach oben, an dessen höchster Stelle sich eine weite Ebene eröffnet, von der aus wir schon einen ersten Blick auf unsere Nachtquartiere erhaschen können. Die flache Hochebene gestattet jedoch nicht nur den Blick auf die vier wunderschön gelegenen Bungalows, sondern zeigt uns heuer auch, was wir verpasst haben: ein Hauch von Orange bedeckt die Wiesen um das Headquarter von Skilpad und lässt erahnen, wie es hier noch vor wenigen Wochen ausgesehen haben muss – ein wogendes Blütenmeer, bestehend aus Abertausenden von Namaqua-Daisies. Annette seufzt vernehmlich. Tja, das war die letzte Chance auf die Erfüllung unseres Tour-Mottos. Doch auch die verblühenden Überreste sind schön anzusehen – Heinz und mir genügt das jedenfalls vollkommen…
Der Kapweber: Hausbau …
… Balz …
… und Familiengründung in Sicht!
Minuten später treffen wir dann am Headquarter ein, parken unsere Autos und tun, was wir tun müssen – uns anmelden. Doch wie gut, dass Annette das alles allein im Griff hat und wir nicht vonnöten sind, denn es gibt schon wieder so viel anderes zu tun und zu sehen. Heinz und ich checken zunächst die drei Schaubeete, die letztes Jahr vergleichsweise kümmerlich ausgesehen hatten. Heuer hingegen sprießt hier um einiges mehr und so manches Pflanzen-Namensschildchen, das auf der letzten Tour noch scheinbar herrenlos im Boden steckte, prangt heute stolz neben dem dazugehörigen, damals unsichtbaren weil ruhendem Gewächs. Eifrig umrunden wir die Hochbeete und gleichen unsere eigenen Sichtungen mit den „amtlich“ beschrifteten ab. Hey, wir sind echt gut! Alles, was hier zu Schauzwecken angepflanzt wurde, konnten wir bereits „in situ“, in der freien Wildbahn selbst entdecken – das und sogar noch vieles mehr – und haben auch durchgehend richtig bestimmt. Ein erhebendes Gefühl. Apropos erheben: hoch über uns tut sich das nächste Highlight auf. Im Innenhof des Headquarters stehen einige Eukalyptusbäume, in deren äußeren Ästen ein geschäftiges Treiben herrscht, begleitet von lautem Geschnarre, Getschilpe und Gezwietsche. Hier sind unzählige Kapweber zugange. Die meisten sind männlich, präsentieren sich im schönsten Federkleid und mit maximaler Aktivität – Nestbau und Balz. Wir wechseln von Beet zu Baum, renken uns die Hälse aus, bis unsere Nacken schmerzen und erfreuen uns an den geschäftigen Vögeln, denen wir stundenlang zusehen könnten. Könnten, wenn wir Zeit hätten… Mehr als eine halbe Stunde aber ist leider nicht drin, denn wir müssen ja unbedingt noch ins Office, das einen kleinen Shop beherbergt – und da könnte es unter Umständen spannende Fachliteratur geben. Also verabschieden wir uns von den Webern und eilen in den Laden, wo wir auf Annette und Jochen stoßen, die gerade in ein Gespräch mit einem älteren Herrn vertieft sind. Nach einem kurzen Blick in die Regale, die jedoch leider so gar nichts nach unserem Gusto enthalten, schließen wir uns deshalb der Gesprächsrunde an – wir hatten das Wort „Richtersveld“ aufgeschnappt und alles, was unseren Lieblingspark betrifft, interessiert uns natürlich brennend. Und wir kommen gerade rechtzeitig, um informative News zu erfahren. Der ältere Herr ist südafrikanischer Ehrenranger, deshalb immer auf dem Laufenden, was die diversen Parks anbelangt und referiert gerade über den Zustand der Passstraßen im Richtersveld. Uns wird ganz flau im Magen, als wir hören, dass vor ein paar Monaten starke Regenfälle sämtlichen Pässen bis hin zu deren Unbefahrbarkeit zugesetzt hatten. Der Domorough und der Helskloof hätten besonders schwer gelitten und seien längere Zeit gesperrt gewesen. Nein, nein, bitte nicht! Ist doch der Helskloof Pass das Ziel, an dem wir uns aussetzen lassen wollten – ein absoluter Hotspot für Sukkulenten. Doch der kundige Südafrikaner gibt Entwarnung: der Helskloof sei weitestgehend wiederhergestellt und problemlos zu befahren, lediglich der Domorough hielte noch die ein oder andere schwierige Passage bereit. Puh, Glück gehabt! Das hätte uns jetzt echt den ganzen Urlaub versauen können! Der Helskloof Pass nämlich ist für uns eines der Highlights, wenn nicht gar DAS Highlight dieser Tour und wäre er nun in unerreichbare Ferne gerückt, so würde das einen kaum zu verkraftenden Verlust für uns bedeutet haben. Gott sei Dank ist dem nicht so und wir können unsere unbändige Vorfreude auf die herbeigesehnten, einsamen Stunden mit den sukkulenten Bodenschätzchen weiter pflegen. Ein paar Tage noch, dann ist es so weit!
Nach Erhalt dieser beglückenden Information plaudern wir noch eine ganze Weile sehr entspannt mit dem älteren Herrn, bevor dieser sich verabschiedet und, wie auch wir, seiner eigenen Wege geht. Unser Weg führt uns sofort und stehenden Fußes zu den bezaubernden Bungalows, von denen wir bereits vor Monaten zwei fest gebucht hatten – unabdingbar bei lediglich insgesamt vier verfügbaren Häuschen. Allerdings erfolgte die Buchung lange bevor sich Ute in unsere Tour einklinkte und jetzt, da wir eine Person mehr sind, als ursprünglich vorgesehen, ergibt sich daraus ein kleines Verteilungsproblem. Lösung: Heinz und ich, die wir ja von Anfang an eingeplant waren, bekommen unseren eigenen, privaten Bungalow, während sich Annette und Jochen mit Ute den anderen teilen. Bedauerlicherweise gibt es in jedem der Häuschen aber nur ein Schlafzimmer mit Doppelbett. Als zahlendem Gast wird dieses höflichkeitshalber Ute zugestanden, während Jochen und Annette mit der großzügigen Ausziehcouch im Wohnzimmer vorlieb nehmen, wenn auch mit leicht gezügelter Vorfreude. Klar, jeder von uns hatte sich auf zwei Nächte in einem veritablen, linnenbespannten Bett gefreut, und ich kann Jochens und Annettes dergestalt gemindertes Hochgefühl durchaus nachvollziehen, doch es gibt halt nur zwei Bungalows mit je einem Doppelbett und da müssen wir uns eben arrangieren; wir, die Gäste, und unsere beiden Freunde als Veranstalter der Tour. So, wie es nun ist, ist es in meinen Augen gerecht – und es gibt sicher Schlimmeres, als auf einer breiten Ausziehcouch zu nächtigen. Zumal ja alle anderen Annehmlichkeiten dieser vergleichsweise luxuriös-heimeligen Behausungen jedem von uns gleichermaßen zur Verfügung stehen. Zum Beispiel die spaziösen Duschen, die zutiefst gepflegten Klos, die hervorragend ausgestatteten Küchen, die gemütlichen Wintergärten mit der phantastischen Aussicht und nicht zuletzt die einladenden Braai-Plätze neben jedem der Bungalows.
Thermophilum decemguttatum
Anthia maxillosa
Sonnenuntergang, Klappe, Ende…
Und zum jetzigen Zeitpunkt steht ein Zubettgehen ohnehin noch nicht zur Diskussion. Die nachmittägliche Sonne nämlich leuchtet freundlich vom Himmel und lädt bei mittlerweile erträglichen Temperaturen zum Genuss eines Sundowners auf der Terrasse ein. Mhm, das Bier zischt, das Panorama begeistert und die Ruhe ist einlullend. So lange, bis mich eine rasche Bewegung, die ich nur kurz aus einem Augenwinkel wahrnehme, aus dieser Ruhe reißt. Was war das? Ha, ein wunderschöner schwarzer Laufkäfer von beachtlicher Größe, mit dekorativen weißen Punkten – und extrem guten Augen. Sobald er wahrnimmt, dass ich mich von der gemütlichen Holzbank erhoben habe, flieht er hurtig ins nahe Gebüsch. Aber den krieg ich! Rasch mache ich meine Kamera schussbereit und lauere dem flinken Insekt auf. Es dauert nicht lange, der Käfer taucht erneut auf und flitzt an mir vorbei. Er sieht mich definitiv, denn er macht einen großzügigen Bogen um mich herum und gibt extra Gas, um sich in die Kehlung der Hausmauer zu retten. Doch dort trifft er auf das nächste Ungemach – einen Artgenossen, der noch um einiges größer ist, als er selbst. Jetzt befindet er sich in der Bredouille – rechts hinten das große, bedrohliche Wesen namens Mensch, links vorne der riesige Konkurrent, und der einzige Fluchtweg unverrückbar verstellt durch die verdammte Hausmauer. Im Bruchteil einer Sekunde bremst der Käfer aus vollem Lauf ab, öffnet todesmutig seine beachtlichen Kieferzangen und richtet sich, noch todesmutiger, zum Angriff auf. Der Konkurrent aber walzt unbeirrt weiter, mit ebenfalls geöffneten Kieferzangen. Doch gegen diesen riesigen Nebenbuhler, das weiß der gepunktete Sechsbeiner wohl instinktiv, hätte er keine Chance. Deshalb nimmt er den Weg des geringeren Übels und flitzt mir bei seinem windeseiligen Rückzug beinahe über die Füße – mitten hinein ins nächste Unglück: ein artfremder Laufkäfer, ungleich größer, komplett schwarz, mit bulligem Nackenschild und furchterregenden Kieferzangen verstellt dem Gepunkteten mit einem Mal den Weg. Der schlägt einen Haken, rennt zurück zur plötzlich willkommenen Deckung meiner Sandalen und ehe ich mich versehe, umrunden die beiden mehrmals meine Füße. Nach dem vierten Kreisel endlich gelingt dem gepunkteten Laufkäfer die Flucht – er bricht aus und verschwindet ungesehen im Gebüsch hinter mir. Der schwarze Feind hingegen benötigt noch eine ganze Runde, um zu realisieren, dass sein Opfer erfolgreich die Biege gemacht hat. Siegesstolz, aber auch leicht verunsichert verlässt er daraufhin die Kreisbahn, schlägt den Weg Richtung Hausmauer ein – und trifft dort seinerseits auf einen Artgenossen, der sich sofort kampfbereit macht. Und ich stehe mittendrin in diesem aufregenden Geschehen und kann mein Glück kaum fassen: es ist wie in einer Kino-Mischung aus „Krieg der Sterne“ und „Gladiator“, alles live! Gespannt folge ich den beiden Kontrahenten auf ihrem Weg des Kräftemessens, umrunde dabei die Hausecke unseres Bungalows und sehe erst jetzt, was hier alles blüht: die kampfeslustigen Käfer haben ganz unvermittelt direkten Chitinkontakt, weil dem rücklings Fliehenden ein Pflanzenbüschel im Wege steht, in dem er sich fast verheddert. Während er sich verzweifelt freikämpft und die beiden Insekten darauf ihre Verfolgungsjagd fortsetzen, widme ich dem „Bremsklotz“ einen näheren Blick, der sich durchaus lohnt! Nichts Sukkulentes, aber etwas hübsch Blühendes – und es ist nicht alleine. Allerdings werde auch ich jetzt etwas ausgebremst; die rasch einfallende Dämmerung lässt mich meine Floral-Inspektionen auf morgen verschieben – da haben wir den ganzen Tag zur Verfügung – und zu meinen Freunden zurückkehren, die mittlerweile vom Bier zum Rotwein übergegangen sind. Das Abendessen brutzelt schon auf dem Grill und in der Pfanne und wir machen uns einen gemütlichen Abend in der eigenen Behausung auf Zeit – und freuen uns auf morgen, einen Tag, an dem wir nicht einen einzigen Kilometer fahren werden. Tut auch mal gut…
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