Ein letztes Krähkonzert am frühen Morgen und schon sind wir wieder mit Sack und Pack auf dem Weg – in den Moremi, der uns mit seiner ganzen Landschaftsmagie und Tierreichtum in Empfang nimmt. Vom Gate bis zur ersten Campsite Third Bridge ist es eigentlich nicht weit, aber es gibt so viel zu sehen, dass man nur langsam voran kommt. Doch wir sind ja auch nicht zum Rumheizen hier, sondern zum Genießen, was wir in vollen Zügen tun. Auch wenn es bereits meine sechzehnte Afrikareise ist, so werde ich mich auch nicht nach der hundersten sattgesehen haben. Blauer Himmel, Wolken, wie es sie nur in Afrika gibt, weite Landschaft, Giraffen, Zebras, Gnus, Greifvögel, Straußen, Gabelracken, Tokos, Perlhühner, Hippos, Paviane, Warzenschweine, um nur einige zu nennen. Man bekommt das Füllhorn der Natur derart über den Kopf geschüttet, dass man schwindelig werden könnte.
Nach Stunden der fortwährenden Füllhorndröhung laufen wir seelig bei Third Bridge ein, errichten unser Lager und ziehen gleich nochmal aus, um uns den Tag von einem fulminanten Sonnenuntergang krönen zu lassen. Das Leben ist ohnehin meist ziemlich schön, aber solche Tage sind unbeschreiblich.
Die Gedanken, ob eine Reise in mein geliebtes Afrika mit drei fast Unbekannten nicht doch ein zu bedauernder Kompromiss werden könnte, sind völlig ausgeräumt. Wir vier liegen auf einer Wellenlänge, bevorzugen ein gemächliches Reisetempo, erfreuen uns an den selben Kleinigkeiten, interessieren uns für alles was da kreucht und fleucht und haben uns genug zu sagen. Da ist keiner dabei, der nur glücklich ist, wenn von einem Wasserloch zum anderen gehetzt wird, der nur Aufregung empfindet, wenn er einem Löwenriß beiwohnt, der nur genießen kann, wenn permanent Action ist. Im Gegenteil!
Jens, unser dritter Mitreisender, war für mich vor Antritt der Reise der größte Anlaß zur Skepsis, denn er ist passionierter Jäger und dafür habe ich wenig Verständnis. Mein Großonkel war Jäger; der Flur voller Gamskrickln und Hirschgeweihen hat sich in meine Retina eingebrannt und das euphemistische Gesülze von der Wildhygiene schallt noch heute in meinem Ohr. In der Hoffnung, Jens könne sich dahingehend zügeln, hatte ich mir vorgenommen, das Gejägere thematisch auszuklammern, nur gelegentlich zu hinterfragen und nicht offensiv zu kritisieren. Verstehen kann ich es zwar immer noch nicht, was es einem (Mann) gibt, schöne, große, majestätische Tiere tot zu machen, aber er steht nun Mal voll und ganz hinter seiner Leidenschaft. Natürlich auch mit den Argumenten von Wildhygiene, Verbißschädenschutz und korrektivem Naturschutz; die muss man als Jäger aber wohl parat haben, um sich selbst, um den Scheiß, den der Mensch mit der Natur anstellt zu rechtfertigen.
Und die letzten Tage haben gezeigt: Jens ist ein klasse Typ, praktisch, ungedönslig, zuverlässig, straight, mit einem ganz eigenen Humor, der nur über Jagd spricht, wenn man das Thema von selbst darauf bringt. Wir lachen immer wieder Tränen ob seiner jagdtechnischen Ausdrücke und binden sie auch gleich in unseren Sprachgebrauch ein. Weibliche Tiere sind „Stücke“, das Abhäuten eines Rotwilds bezeichnet man als „aus der Decke schlagen“, das eines Schwarzwilds als „aus der Schwarte hauen“, vorbeischnürende Füchse macht man durch „Anmäuseln“ aufmerksam und lockt sie mittels „Luderschächten“ in Schussnähe. Meine Skepsis also war völlig unberechtigt und wir alle lernen noch etwas dazu!
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