Ein aufregender Tag im Namaqua NP liegt vor uns
Im ersten Morgenlicht krabbeln wir aus den Zelten und genießen das Erwachen des Tages am Meer – mitten im Namaqua NP . Noch ist es fast windstill, die zaghaften Strahlen der Sonne aber wärmen bereits angenehm und vertreiben die Kühle und Feuchtigkeit der Nacht. Das bereitet nicht nur uns großes Wohlbehagen: mit dem Kaffeebecher in der Hand beobachten wir eine kleine Gruppe von Klippschliefern, die sich auf einem nahen Felsen in der Sonne wärmen. Die erwachsenen Tiere liegen dabei regungslos und mit ausgestreckten Pfoten da, rekeln sich nur hin und wieder und zucken ab und zu mit ihren winzigen Ohren. Ihre Sprösslinge hingegen tollen wild umher, quieken aufgekratzt und jagen sich gegenseitig in spielerischem Ernst über die Steinplatten. Ein Bild des Friedens und der überbordenden Lebensfreude zugleich! Hingerissen beobachten wir Treiben der niedlichen Dassies.
Doch plötzlich nehmen wir eine Bewegung in einem kleinen Busch direkt vor uns wahr und entdecken zwei äußerst putzige Mäuse, die sich liebevoll aneinander kuscheln und mit geschlossenen Augen die Morgensonne auf den geplusterten Pelz scheinen lassen. Sie wirken völlig entrückt, weshalb ich es wage, mich vorsichtig näher zu schleichen. Ein winziges Zweiglein knackt dabei unter meinen Füßen, etwas Granitabrieb knirscht leise und – schwupp – schon sind die beiden Nager wie der Blitz verschwunden. Ich lasse mich einen halben Meter vor ihrem Kuschelbusch nieder und verharre regungslos. Zehn Minuten später wagen sich die zwei Fellbälle tatsächlich wieder hervor und nehmen ihre alte Schmuseposition ein. Ihre schwarzen Knopfäuglein schließen sich, ihre Atmung wird ruhiger und ich versinke in diesem Anblick. Das sind Momente, die mir durch und durch gehen, die ich nie vergessen werde, Momente, die eigentlich völlig unspektakulär, aber umso spannender sind, Momente, die zu den Highlights meines Urlaubs zählen. Meditative Momente, die in diesem Falle jedoch leider nur von kurzer Dauer sind, die ein jähes Ende finden, als Annette heftig niesen muss… Die Mäuslein fahren zusammen, flitzen in das schützende Innere des Busches und kommen leider auch nicht wieder. Na ja, nicht so schlimm, wir hatten ja unsere Zeit miteinander, die Mäuse und ich!
Seufzend reiße ich mich los und setze mich zu den anderen an den Frühstückstisch, der bereits reich gedeckt ist – auch mit kalten Sand-Muscheln vom Vortag… Doch wie sagte Jochen so charmant? „Musst ja nix davon essen, bleibt mehr für uns!“ Daran halten uns Heinz und ich auch heute Morgen, greifen aber dennoch bei den anderen Köstlichkeiten zu, um uns für einen langen und hoffentlich spannenden Erkundungstag zu stärken. Und der beginnt eine Stunde später: kaum haben wir die Campsite verlassen und die ersten Kilometer auf der Hauptpad zurückgelegt, kreuzt schon wieder eine Puffotter unseren Weg! Sie ist deutlich kleiner als die gestrige, dafür aber noch flotter unterwegs. Annette und Ute, die ein Stück hinter uns fahren, bekommen diesmal nur noch die im Gebüsch verschwindende Schwanzspitze zu sehen. Die beiden sind darob etwas enttäuscht, Heinz hingegen macht sich allmählich wirklich Sorgen: es ist meine einundzwanzigste Afrika-Tour und ich kann meine früheren Schlangensichtungen locker an einer Hand abzählen, seit er jedoch mit von der Partie ist, häufen sich diese Begegnungen – zwei Hände reichen nun nicht mehr! Heinz aber festigt unbeirrbar seinen Ruf als Snake Man und das, obwohl ihm die Viecher alles andere als geheuer sind. Armer Schneck! Und noch ahnt er nicht, dass sehr bald schon sogar noch eine hinzukommen wird…
Wir setzen also unseren Weg fort und genießen die Ausblicke: das türkis-blaue Meer, zu dessen intensiver Farbe immer wieder die Reste verblühender Blumenwiesen reizvolle Kontraste bilden. Hier ein Streifen ferner, gelber Asterngewächse, dort ein Fleck blutroter Babianas, da ein kleines Tal voller zartblauer Moraeas. Es ist herrlich und viel farbenfroher als letztes Jahr und sogar die Tiere lassen sich diesmal nicht lumpen. Zahlreiche Echsen sonnen sich am Wegesrand, darunter auch kompakte, grasgrüne Minidrachen, die wir hier noch nie gesehen haben. Und plötzlich bricht sogar eine Straußenfamilie aus dem Gestrüpp und rennt eine ganze Weile vor und her – Mama, Papa und fünfzehn Küken, die mit ihren Eltern kaum Schritt halten können. Wir bleiben etwas zurück, um den Laufvögeln eine faire Chance zum Verschwinden zu geben und nehmen dann Kurs auf die Küste und die dort lebende Robbenkolonie. Halt, stopp, was war das gerade?
Snake Man schlägt wieder zu …
Aus dem Augenwinkel haben wir im Vorbeifahren eine blitzschnelle Bewegung neben der Fahrspur wahrgenommen, etwas, das verdächtig nach Schlange aussah. Wir setzen zurück und scannen den Busch – da! Eine pechschwarze, schlanke, etwa zweieinhalb Meter lange Schlange, irre flink und deswegen auch schwer zu identifizieren. „Ach nöööö!“, seufzt Heinz, „Ned scho wieder!“. „Schee!“, seufzen wir und beobachten begeistert das Reptil. Leider ist der Kopf nur selten ganz zu sehen, aber ich meine, für den Bruchteil einer Sekunde einen leicht gepreizten Nackenschild und die typische Schädelform einer Kobra erkannt zu haben. Ute will’s genau wissen und nähert sich der Schlange in großem, vorsichtigen Bogen. Jochen ist von dieser, in seinen Augen, gewagten Aktion Utes völlig schockiert und pfeift sie rüde zurück, Ute fühlt sich brüskiert, die Schlange hingegen kümmert’s wenig und sie verschwindet im dichten Gebüsch. Gerade wollen wir, von unterschiedlichen Gefühlslagen behaftet, wieder in die Autos klettern und unser Bildmaterial sichten, als Heinz aufquiekt. „Da hinten! Ein Kapfuchs!“. Tatsächlich! Für wenige Augenblicke sehen wir alle das zierliche Tier mit dem flauschigen Schwanz flinker Pfoten durchs Gestrüpp schnüren, dann ist auch der Fuchs verschwunden. Hah, hier geht’s ja zu wie auf dem Oktoberfest!
Motiviert schlichten wir uns in unsere Fahrzeuge und möchten nun endlich nonstop zur Robbenbucht, als schon wieder etwas dazwischenkommt – wir kurven gerade runter zur Küste, als sich ein unvergleichlicher Anblick vor uns auftut: türkises Meer und graugrünes Buschland, das über und über von quadratmetergroßen Kissen blühender Mittagsblumen durchsetzt ist. Rosa, pink, magenta, weiß, in allen Abstufungen! Dicht an dicht stehen die Kissen, genauso dicht aber auch die Blüten. Das entdecken wir, als wir die bunten Polster aus der Nähe inspizieren. Unglaublich!!! Die Blüten wuchern so eng aneinandergedrängt, dass man vom eigentlichen Strauch und seinen Blättern nichts, aber auch gar nichts mehr sieht. Nach dem Abklingen des ersten, ungläubigen Augenflashs – die üppigen Farbpolster inmitten dieser Meereskulisse haut uns wirklich vom Hocker – beginne ich natürlich doch, ins Innere der Blütenkissen zu spähen, um einige Identifikationsmarker zu erhalten.
Wo da Pflanzen sind, gibt es auch Tiere
Schließlich muss ich ganz genau wissen, was unsere Augen in diesem Maße erfreut! Meine Ausbeute allerdings ist letztendlich spärlich, obwohl ich mich mehrmals vorsichtig mit beiden Armen bis zu Taille in die Materie einwühle: die Pflanzen haben all ihre Kraft in das Mega-Geblühe gelegt, sodass kaum noch hinweisgebende Blätter vorhanden sind und auch die wenigen Samenkapseln vom Vorjahr sind extrem verwittert. Doch mein Buch der Marke Eigenbau tut erneut gute Dienste und ich kann diese Blütenkissen relativ eindeutig bestimmen – es handelt sich um eine Lampranthus-Art, wahrscheinlich suavissimus. Es könnte aber auch vernalis oder haworthii sein, das vermag ich trotz aller (auch späteren) Recherchen nicht sicher zu sagen. Die Gattung Lampranthus nämlich umfasst 227 Spezies und 13 Varietäten – da ist eine Eingrenzung auf drei Spezies schon eine recht gute Bestimmungsquote für einen Sukkulenten-Anfänger wie mich, oder? Ich bin auf jeden Fall mehr als glücklich; sowohl mit meinem Rechercheergebnis als auch mit diesem wundervollen Anblick!
Annettes Herz schlägt ebenfalls höher, denn ihre Hoffnungen auf eine Erfüllung des Tourmottos „Blütenmeere“ keimen abermals auf. Dennoch drängt sie auf eine baldige Weiterfahrt, denn sie will endlich zu den Robben – Tiere stehen für sie halt doch immer an erster Stelle. Nun, wir sperren uns nicht dagegen, denn auch wir freuen uns auf die Robbenbucht – und deren sukkulente Umgebung… Eine halbe Stunde später sind wir tatsächlich da und klettern zu einem strategisch günstig gelegenen Aussichtsfelsen, wo wir die Tiere hervorragend im Blick haben, ohne sie zu stören. Und sie sind alle versammelt: die sich Sonnenden, die stillenden Mütter, die virilen Bullen und die Kleinen, die vergnügt in flachen Pools am Rande des Ozeans planschen und spielen. Eine ganze Weile beobachten wir voller Freude die munteren Tiere, bevor wir – zumindest Heinz und ich – unsere Aufmerksamkeit anderen Lebewesen zuteil werden lassen. Rechts von uns hat sich zum Beispiel eine kleine Kormoran-Kolonie etabliert, an die wir uns jetzt anschleichen.
Die hübschen Tiere, die letztes Jahr mit Absenz glänzten, sitzen in ihren Nestern, drängen sich aneinander oder gehen anderen kormorantypischen Tätigkeiten nach: Hälse recken, sich gegenseitig ankreischen, mit ausgebreiteten Flügeln das Gefieder trocknen, sich die Kopffedern von der steifen Meeresbrise zu einem kecken Schöpfchen aufbauschen lassen oder einfach vor sich hindösen. Bei Letzterem schließen sie zumeist die Augen; ein Umstand, den ich übrigens äußerst bedauerlich finde, denn die Meeresraben besitzen eine frappierend blaue Iris, die vom selben Farbton wie die seichteren, türkisen Stellen des sie umgebenden Gewässers ist. Sieht man die offenäugigen Vögel nun im richtigen Winkel im Profil, so wirkt das Auge fast wie ein Loch im Kopf, eine Durchsicht zum Meer, ja,wie ein kleines Fenster zum Ozean. Das ist zwar kein weltbewegender Anblick, aber eben ein kleines Detail, an dem ich meine ganz besondere persönliche Freude habe.
Doch Steckenpferd bleibt Steckenpferd
Trotz dieser Freude jedoch wenden Heinz und ich uns bald darauf den hier wachsenden Pflanzen zu – natürlich nicht ohne zuvor einen abcheckenden Blick auf unsere Freunde geworfen zu haben. Die aber sind noch voll und ganz in die Beobachtung der Robben versunken und sehen nicht nach Aufbruch aus. Sehr gut! Also stapfen Heinz und ich los und vergessen bald darauf alle Robben und Kormorane. Denn was in dem Grünsaum der Bucht gedeiht, ist schier unfassbar: unzählige verschiedene Mittagsblumen, durchsetzt von einem Crassulaceen-Potpourri! Zentimeterweise robben wir durch die Pflanzen und entdecken ständig etwas Neues, was wir letztes Jahr an der selben Stelle noch nicht gesehen hatten. Der Unterschied zwischen den Jahreszeiten ist, zumindest in unseren Augen, eklatant. Wer braucht da schon Blütenmeere, wenn er DAS haben kann?! Gut, der Großteil der Touristen besucht das Namaqualand vorwiegend zur Blütezeit, was mit Sicherheit ein großartiges Erlebnis ist. Es gibt sogar ein Internetportal, den Namaqua Flower Report, auf dem in den entsprechenden Wochen detailliert veröffentlich wird, wo genau was blüht. In dieser Zeit glüht das ansonsten karge Land in unglaublichen Farbnuancen zwischen weiß, gelb und orange. Aber dann, und das ist der Nachteil, sind auch Heerscharen von Reiseveranstaltern mit ihren blütengeilen Klienten unterwegs, überfluten das Namaqualand und bevölkern auf irritierendste Weise die ansonsten eher menschenleere Gegend.
Die Vor- und Nachteile gegeneinander abwägend sind Heinz und ich so schon lange zu dem Ergebnis gekommen, dass es uns viel wichtiger ist, unsere Runden in der Einsamkeit zu ziehen und dabei viele Sukkulenten – auch nicht blühende – zu entdecken, als uns mit anderen am Rande der Blütenwiesen zu drängen. Wogende Blüten, die uns die Sicht auf unsere geliebten Bodenschätzchen verdecken; geht gar nicht! Also sind wir goldrichtig hier, sowohl was den Zeitpunkt anbelangt als auch die gewünschte Artenvielfalt und die Dosierung der Touristenmenge.
Allerdings, und das dürfen wir nicht vergessen, haben wir ja auch noch drei „Touristen“ mit an Bord, die wir mit unserer Leidenschaft nicht überstrapazieren dürfen. So äugen wir immer wieder mal prüfend zu unseren Mitreisenden hinüber und behalten dabei deren Robbenfaszination im Blick. Diese hält erfreulicherweise sehr lange an, lange genug für uns beide, um uns alles ganz ausgiebig zu Gemüte zu führen. So kommt es auch, dass wir uns von diesem wundervollen Platz ohne jegliche Wehmut trennen können, als sich unsere Reisegenossen an den Robben sattgesehen haben und zum Aufbruch drängen. Unser nächstes Ziel ist nun die Höhle bei der Mündung des Spoeg River. Ein relativ weiter Weg, ein langes Geöttel durch dichtes Buschland und tief ausgefahrene Sandpisten. Führe man diese Strecke in einem Stück durch, wäre das sicher ziemlich ermüdend. Doch hierbei können wir uns voll und ganz auf Annette und Jochen verlassen: jeder der beiden hat so seine Leidenschaften und entdeckt dem entsprechend etwas Interessantes – ein Vögelchen, eine Echse, eine besonders hübsche Aussicht…
Und so juckeln wir gemütlich, unterbrochen von mehreren Stopps, zu besagter Höhle und fühlen uns blendend unterhalten. Als wir an jedoch an der Mündung einlaufen, nimmt der Spaßfaktor rapide ab: das Mini-Delta, das sich letztes Jahr so farbenfroh präsentierte, sieht heuer recht unbunt aus und auch an der Höhle, wo ich wieder auf zahlreich strotzende Sarcocornias gehofft hatte, herrscht tote Hose. Nun ja, ein paar Schwalben sind unterwegs, ein Greifvogel zieht seine Kreise hoch über uns, das war’s aber dann auch. Der Zauber von damals will sich bei mir so einfach nicht mehr einstellen. Ist aber auch nicht so schlimm, denn wenigstens haben wir nun eine gute Gelegenheit, uns gründlich die Füße zu vertreten und für den langen Rückweg zu lockern. Was auch wirklich nötig ist, denn es ist schon fortgeschrittener Nachmittag und wir müssen uns ranhalten, vor Einbruch der Dunkelheit wieder in Koringkorrel zu sein – und das ein oder andere wird uns dabei sicher noch in die Quere kommen.
Tatsächlich! Nicht lange und schon ist der nächste Stopp angesagt: wir überqueren gerade ein paar wellige Dünen, als wir auf ein ganzes Feld blühender Conicosias stoßen. Diese Mittagsblumen sind auf den ersten Blick alles andere spektakulär und fallen mit ihren elfenbeinfarbenen Blüten im Graugrün und Sandgelb der Landschaft kaum auf. Aber aus der Nähe betrachtet sind sie wahre Schönheiten: unzählige lange, schmale, cremeweiße Sepalen umkränzen den Blütenboden und fächern sich am äußeren Rand wächsern-durchscheinend, ja fast transparent, zu einem sonnengleichen, zarten Stern auf, bei dessen Anblick man sich wundert, wie so etwas Fragiles den harschen Bedingungen des Namaqualandes standhalten kann. Doch die Conicosia ist hitzeresistenter und sonnenaffiner, als man ihr ansieht. Sie öffnet ihre Blüten, wie diverse andere Mittagsblumen auch, erst um die Mittagszeit (daher der Name); das aber auch ausschließlich an sonnigen Tagen. Außerdem, und das macht sie zu etwas wirlich Besonderem innerhalb der Familie der Mesembs, sind ihre Samenkapseln xerochastisch, was bedeutet, dass sich diese nur öffnen, wenn es absolut trocken ist – ein deutliches Indiz, wie gut dieses Gewächs an seine unwirtliche Umgebung angepasst ist und sich damit eine Vermehrungsnische erschlossen hat, die andere Mittagsblumen mit ihren vorwiegend hygrochastischen Samenkapseln nicht nutzen (können).
Die Conicosia stand ja schon länger auf der Liste meiner Sichtungswünsche und gestern, als wir ein paar einzelne Exemplare davon entdeckt hatten, war ich bereits ganz glücklich. Dass sich uns heute jedoch eine ganze Wiese darbietet, übersteigt meine Erwartungen bei weitem und macht mich umso glücklicher. Ein Umstand, den keiner in unserer Truppe so recht nachvollziehen kann, fürchte ich… Dafür aber räume ich wenig später mit meiner nächsten Sichtung wieder die volle Punktezahl ab – auf einer weiten Ebene erstrahlen auffällige, tief magentafarbene Farbkleckse mit gelbem Zentrum. Es sind nur wenige, verstreute Blüten, dafür aber sind sie mehr als handtellergroß und überaus beeindruckend. Auch für meine Reisegenossen, die mich natürlich sofort fragen, worum es sich hierbei handelt. Jordaaniella spongiosa oder Namaqua Giant Sour Fig. Meine Antwort kommt prompt. Natürlich musste ich dafür erst mal klammheimlich in meiner selbstgemachten Mesemb-Bibel nachschlagen, die mal wieder hervorragende Dienste geleistet hat. Die anderen sind schwer beeindruckt – nicht nur von meiner „Sachkenntnis“, sondern auch von der Schönheit und Größe der Jordaaniella-Blüten, die ihresgleichen suchen. Eine ganze Weile schwärmen wir über die Ebene und entdecken dabei ein immer noch perfekteres, riesigeres Exemplar. Wir können uns kaum von diesen Turbo-Blumen losreißen. Doch trotz aller Entdecker- und Rekordfreude sollten wir uns dennoch allmählich mal wieder auf den Weg machen und alle weiteren Stopps auf morgen vertagen. Aber da wir uns ohnehin auf dem Streckenabschnitt befinden, den wir morgen erneut befahren werden, um nach Skilpad zu kommen, ist das nicht so schlimm. Wir sagen uns also für heute von der faszinierenden Vegetation des Namaqua-Küstenstreifens los und erreichen im abnehmenden Licht des frühen Abends unser Camp an der Koringkorrel Bay.
Zurück im Camp – so was kommt von so was
Hui, hier unten weht aber eine steife Brise! Dankbar verschanzen wir uns hinter unserer Windschutzmauer, entfachen das Lagerfeuer und läuten einen gemütlichen Abend ein. Jochen wagt sich sogar nochmal runter an den Strand um – was wohl? – neue Muscheln zu sammeln, während wir anderen einfach nur den Ausblick aufs Meer und dessen Brandungsrauschen genießen. Rüde jedoch wird unser Idyll gestört, als eine südafrikanische Großfamilie mit lautem Trara auf dem Platz einkurvt und sich in unserem Sichtfeld niederlässt – direkt am Strand, da, wo der Wind am heftigsten weht… Solche Menschen werden mir auf ewig ein Rätsel bleiben; diese Spezies, die sich partout stets vordrängen muss, die, koste es was es wolle, zwanghaft immer den „besten“ Platz einnehmen muss – sei es in der Warteschlange an der Supermarktkasse, beim Einsteigen in die U-Bahn oder eben auf einem windgebeutelten Campingplatz an der südafrikanischen Westküste. Doch die Herrschaften sorgen, das muss man ihnen wirklich lassen, für große Erheiterung unsererseits, denn die Errichtung ihrer Zelte ist ein einziger Kampf, den nur einer verliert – nämlich diese grußlos herbeigekommenen Erste-Reihe-Geier – denen wir, der Höflichkeit halber – sogar noch unsere Hilfe anbieten. Nö, wir werden weiter ignoriert und können so den Fight der Naturgewalt Wind mit der Drei-Generationen-Familie, die sich auch gegenseitig nicht hilft, ohne schlechtes Gewissen weiter beobachten, während unser Abendessen auf dem Grill verheißungsvoll vor sich hinbrutzelt. Gnädig senkt sich dann die Dunkelheit über den Kampfplatz und wir hören nur noch die im Wind knatternden Zeltplanen und hin und wieder lautes, deftiges Fluchen… Trotzdem können wir uns, etwas schadenfroh grinsend, voll und ganz auf unser ebenfalls deftiges Dinner konzentrieren, es hinlänglich genießen und den Tag im warmen Schein unserer Tischbeleuchtung gemütlich ausklingen lassen.
Weitere Impressionen des Tages:
Uiuiui, ich freu mich, dass es weiter geht …. Wie immer eine Augenweide und große Unterhaltung! Die Gabi