Früh raus, Frühstück, weiter geht’s. Wir passieren Kule, Ncojane, ein paar Viehkraals und fremdenfeindliche Hunde, bis alsbald die sehr gut zu befahrende Gravel Road abrupt in eine Sandstraße übergeht. Die ist dann nicht mehr ganz so kommod, aber noch lange keine 4×4-Herausforderung.
Bald darauf erreichen wir den offiziellen Eingang zum KD1, der sich lediglich durch ein Schild zu erkennen gibt. Niemand will Geld, kein Mensch kontrolliert uns, auch nicht als wir die letzte Siedlung, Ukhwi, passieren. Jetzt wird es richtig einsam, so einsam, dass sogar Hasen tot umfallen, wenn sich ein Auto nähert. Bis heute wissen wir nicht, was wirklich passiert ist, aber es wäre zumindest eine einigermaßen plausible, wenn auch immens dichterische Erklärung für das leblose Langohr: die Straßenführung ist sehr gerade, das Gelände übersichtlich und wir sehen schon einige Zeit vorher, dass da was ist. Könnte auch ein Schatten oder ähnliches sein, denn es bewegt sich nicht, als wir näher kommen. Auch nicht, als wir direkt daneben anhalten. Es ist ein Hase, dahingestreckt im vollen Lauf, die Augen klar, der Körper ohne sichtbare Verletzungen und nicht eine Fliege auf dem Kadaver. Wir staunen sehr, vergessen dabei, ein Foto zu machen und fahren philosophierend weiter.
Alsbald überkommt uns der Hunger und die Küche in Form von zwei Kisten, einer Gasflasche und eines zweiflammigen Herdes wird da errichtet, wo es am sichersten ist. Am sichersten vor ungebetenem Gekräuch, sprich Schlangen, und ungewolltem Funkenflug, der rasch das trockene Gras in Brand setzen würde – auf dem Mittelstreifen der Fahrbahn. Wenn denn ein Auto kommen sollte, wir würden es früh genug sehen und die Spur räumen können, aber es kommt natürlich keines.
Gestärkt tuckern wir weiter und erreichen die Western Woodlands, einen Landstrich, der fast märchenhaft erscheint in seiner unvermuteten Andersartigkeit. Man fährt durch wogendes Trocken-Grasland, dichtes Bushland und plötzlich, von einem Meter auf den anderen, tut sich ein Wald auf. Hochstämmige Akazien stehen in Gruppen umher wie tuschelnde Frauen, werfen ihre Schatten auf völlig unterwuchsfreien, niedriggrasigen Boden. Wir sehen die ersten Wildtiere – eine kleine Herde Hartebeests, diverse Greifvögel, Riesentrappen – und halten an, um die Magie der Umgebung zu genießen. Plötzlich sehe ich aus dem Augenwinkel, in weiter Entfernung, eine Gruppe von Tieren davonlaufen. Da sind Hunde, rufe ich, denn das ist der Eindruck, den der Laufstil, die Formation bei mir wachgerufen hat. Annette hält geistesgegenwärtig mit der Kamera drauf, aber bis heute (das nächste Rätsel) können wir nicht mit Sicherheit sagen, ob es wirklich Wildhunde waren. Alles deutet darauf hin, allein die Gewißheit fehlt uns, aber das macht gar nichts.
Wir fahren weiter und ein paar Kilometer nach unserem Stopp geht der feenhafte Akazienwald wieder in das übliche Bushland über, das alsbald den Blick auf unseren gedachten Übernachtungsort freigibt: die Masetleng Pan. Eine topfbodenflache kreisrunde Ebene, völlig ohne Bewuchs, die uns mit trotzig-weißem Auge aus der grün-beige-roten Landschaft entgegenstarrt. Eine typische Erscheinung für die Kalahari, deren Boden nicht nur aus durchlässigem Sand besteht. Überall gibt es da Vertiefungen, in denen sich bei Regenzeit das Wasser sammelt, hält, Salze herauslöst und wieder verdunstet. Ergebnis sind die sogenannten Salzpfannen, gleißend weiß, betonhart, weitestgehend unfruchtbar und trotzdem bewohnt und durchquert von vielen Tieren, die deren Übersichtlichkeit zu nutzen wissen. Wir suchen uns am Rande dieses Miniatur-Kraters ein geeignetes Fleckchen zum Übernachten und gehen bald zu Zelt, denn es ist extrem kalt, nicht weit vom Gefrierpunkt entfernt. Heute gibt es auch keinen Verkehr zu beobachten; genau so, wie wir erwartet und gehofft hatten!
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