Direkt am Ausgang des Moremi befindet sich ein winziger Laden, der einzige auf weiter Flur. Auf ungefähr fünfzehn Quadratmetern kann man hier alles Mögliche und Unmögliche, sogar semi-frische Tomaten und Äpfel erwerben. Wir forsten unsere Vorräte ein wenig auf und fahren dem kurzen Streckenabschnitt Richtung Savuti entgegen, für den man erfahrungsgemäß am meisten Zeit braucht: Khwai River. Nicht, dass die Strecke so schwierig zu befahren wäre, nein, es ist eben nur so paradiesch dort, so voller Tiere, dass man alle paar Meter etwas Neues entdecken kann. Und natürlich ist es wieder so! Wir beobachten gerade eine große Gruppe Hippos, die sich teils im Wasser drängen, teils am gegenüberliegenden Ufer ein Sonnenbad nehmen, als es hinter uns im Gebüsch laut kracht. Ein Elefant bahnt sich seinen Weg durchs Gestrüpp, direkt an unserem Auto vorbei, um ein paar Meter entfernt ein Trink- und Badegelage zu beginnen. Auch am anderen Ufer kommen immer mehr Elefanten zwischen den Bäumen hervor, Impalaherden äsen am Ufer, Krokodile sonnen sich. Auf der Weiterfahrt säumen zahlreiche Giraffen den Weg, wir sehen Sporenkuckucke, Klunkerkraniche, Gauckler, Nilgänse, Schlangenhalsvögel, allerlei Greifvögel, noch mehr Elefanten und noch mehr Giraffen.
Unglaublich, was man auf den wenigen Kilometern direkt am Khwai zu sehen bekommt! Sobald die Strecke vom Wasser wegführt, nimmt auch die Tierdichte ab und der verbleibende Weg nach Savuti kommt uns fast wie ausgestorben vor. Teilweise durchfährt man auch landschaftlich recht reizlose Gebiete, doch diese Passagen versüßen wir uns mit leiser afrikanischer Musik, die uns wohlig einlullt. Beim Überqueren der Sandridge wird mir ein Herzenswunsch erfüllt: Asimbonanga von Johnny Clegg, volle Lautstärke. Dieses Lied an exakt diesem Ort ist eine Erinnerung an einen früheren Botswana-Urlaub; meine Genuss-Gänsehaut ebbt nur langsam wieder ab.
In Savuti angekommen, erledigt Annette die Formalitäten, während wir schon mal das Lager aufbauen. Doch wir kommen nicht weit, denn alsbald taucht ein Elefantenbulle auf unserer Site auf. Zielstrebig steuert er eine Kameldornakazie an, legt seine Stirn an deren Stamm und beginnt, den Baum zu schütteln. In Massen prasseln die steinharten Früchte zu Boden und werden sorgfältig-genüsslich von ihm aufgelesen. Dann zieht er zur benachbarten Site weiter, wo er den nächsten Baum aberntet, während wir uns wieder aus dem Auto wagen. Annette, die uns, gerade vom Gate kommend, sucht und des Elefanten Ernte-Geraschel als Aktivitäten unsererseits mißdeutet, stößt beinahe mit ihm zusammen, kann sich aber Gott sei Dank unbehelligt zurückziehen. Da hat sie wirklich Glück gehabt, denn auch, wenn dieser Elefant menschliche Gegenwart offenbar billigend in Kauf nimmt, so ist und bleibt er doch ein wilder Elefant. Und by the way, er ist nicht der einzige, der sich bäumeschüttelnd auf der Savuti-Campsite herumtreibt.
Am späteren Nachmittag, wir hatten endlich mal wieder gepflegt geduscht, brechen wir ungewohnt wohlriechend zu einem Gamedrive rund um Savuti auf. Die Umrundung eines idealen Leopardenhügels bringt nicht das erhoffte Ergebnis, die Fahrt ums Rhino Vlei ist nur landschaftlich ergiebig, lediglich das „Abklappern“ einiger Wasserlöcher beschert uns Elefanten. Etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang kommen uns einige Autos entgegen und man berichtet uns, es wären Löwen in der Nähe von Rhino Vlei gesehen worden. Doch die werden heute ohne uns zu Bett gehen müssen, denn es ist schon spät und die Strecke einfach zu weit, als dass wir vor Anbruch der Dunkelheit dort, geschweige denn wieder zurück im Camp sein könnten. Da gehen Sicherheit und Nationalparkregeln vor; außerdem: was bringen uns Löwen, die wir nicht mehr sehen können, weil es dunkel ist? Ohne großes Bedauern kehren wir zu unseren Zelten zurück und genießen den friedvollen Abend – bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Horde südafrikanischer Familien einfällt.
Zehn bis zwölf Geländewagen rollen im Convoi über das dunkle Campgelände, halten zielstrebig auf den Platz nahe des Ablutionblocks zu und formieren sich umständlich zu einer Wagenburg. Immer wieder wird ein Motor angeworfen, ein Auto strategisch besser platziert, lauthals darüber diskutiert, ob nicht noch etwas zu optimieren wäre. Danach beginnen der Zeltaufbau, das Herumgeräume, das Anheizen der Braaistellen mit steerweise Holz, die Männer fallen wie Heuschrecken über den Ablutionblock her, die Damen bereiten das Abendessen vor und all diese Aktivitäten werden laut kommentiert, hier doch noch ein Auto umgeparkt und da noch ein Kompressor angeworfen. Ich mag Südafrikaner eigentlich gerne, aber warum sie immer nur in dezibelstarken Horden auftreten, einen absoluten Ausrüstungswahnsinn mit sich führen und sich überall verhalten, als gäbe es nur sie, erschließt sich mir nicht wirklich. Nur gut, dass der reichlich mitgeführte Alkohol und das offenbar anstrengende Gemeinschaftsgeschrei recht rasch ihren Tribut fordern. Südafrikaners fallen bald erschöpft in ihre Luxusbetten, aufkeimende Diskussionen über das Programm des morgigen Tages, quer durch die Wagenburg geplärrt, werden vom Sandmännchen erstickt und es kehrt wieder Ruhe ein. Wir orakeln augenzwinkernd, ob wir wohl die Nacht lebend überstehen werden, so ganz ohne Wagenburg, die wir mit nur einem Auto schlecht bilden können. Schicksalsergeben gehen wir schließlich auch zu Bett.
Bild 3, 4 © Louis
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