UNVERGESSLICHE HIGHLIGHTS

Definition „Highlight“: es ist ein Höhepunkt, ein Glanzlicht, ein ganz besonderes Ereignis oder Detail im Rahmen eines Überereignisses. Und es ist sicher für jeden einzelnen ganz individuell zu sehen.

Wenn ich nun meine vielen Urlaube auf dem Schwarzen Kontinent revue passieren lasse, so fallen mir zig besondere Momente ein, die ich nie vergessen werde. Da sind Landschaften, Begegnungen mit anderen Menschen, Wetterereignisse, Gerüche, Geräusche – und immer wieder der ganz einzigartige Kontakt mit Tieren.

Doch fangen wir mit den kleinen Highlights an, die so klein gar nicht sind, und steigern uns.

Wanderung vom Ngorongoro Crater zum Lake Natron

Im September 2001 unternahm ich diesen mehrtägigen Fußmarsch zusammen mit meiner Freundin Ute. Begleitet von ein paar Massai, die für unser leibliches Wohl und unsere Sicherheit sorgten, einigen Eseln, die Gepäck, Zelte und Verpflegung trugen, geführt von William, einem Massai Guide, wanderten wir diese ca. 55 Kilometer lange Strecke, die vorwiegend bergab führte. Die Tage und Nächte waren voll von wunderbaren Eindrücken.

Die Kraterlandschaft, mal kalt und harsch, mal zauberhaft, die Massai mit ihren weithin leuchtenden, roten Deckenüberwürfen, die sanft erscheinenden Grasflanken des Rift Valley, die Flamigos, Lengai, der Heilige Berg der Massai. Leider aber auch die unzähligen, leeren Konyagi-Tüten, die jedes noch so kleine Dorf schon einen Kilometer vorher ankündigten und vom Alkoholkonsum der Bewohner erzählten – und nicht zuletzt die Nachricht von 9/11, das sich während unserer Wanderung ereignet hatte, lassen mich diese Tage nie vergessen.

Die Weiten und die Einsamkeit der Kalahari

Stundenlang könnte ich über die Kalahari und wie sie sich anfühlt erzählen, doch man muss sie erlebt haben, um das nachvollziehen zu können. Und dann braucht es nicht mehr viele Worte.

Die Kalahari ist auf jeden Fall immer ein Highlight: ihre laute Stille, ihre unendliche Größe und Weite intensivieren jedes Erlebnis und machen Gänsehaut im positiven Sinne – Genussgänsehaut.

Richtersveld und Knersvlakte

Diese beiden Orte sind von der Kategorie „Dass ich das erleben darf“! Auch hier sind es die Wèite, die Landschaft, die Abgeschiedenheit, aber, ganz im Besonderen die Pflanzenwelt, die meine absoluten Highlights darstellen. Es sind, zumindest für mich, magische Orte. Orte, an denen ich, könnte ich es mir aussuchen, auch gerne meine letzte Ruhe finden würde…

Ganz persönliche, oft sehr innige Kontakte

Nun aber kommen wir zu Highlights, die noch viel schwieriger in Worte zu fassen sind, von denen teilweise nicht mal Bilder existieren, denn man hatte gar nicht die Möglichkeit, im entscheidenden Moment abzudrücken, denn man war beschäftigt oder hätte für Unruhe oder Furcht gesorgt. Wovon ich spreche? Von der Begegnung mit Tieren!

Das können Begegnungen sein, bei denen man sich ganz nahe kommt, ohne dass eine Berührung stattfindet – so, wie das Dassie, das sich vor meinen Augen (und meinem sehr nahen Kopf) laut schnaufend eine gemütliche Kuhle im Felsen suchte und mich dabei immer wieder prüfend ansah. Oder aber mit massiver körperlicher Nähe, wie bei Romeo, dem Gepard, der sich mir laut schnurrend in die Arme warf. Oder die Lemuren, die natürlich um Futter bettelten, aber durchaus für eine kleine Runde Kraulen empfänglich waren, die beiden Fossas, die sich jeden Tag mit beinahe verschwörerischer Miene in den Schutz unseres unbewohnten Nachbarhäuschens zurückzogen und die wir so ganz für uns allein hatten, oder, für mich der Gipfel des Glücks, ein Glanzstar, der sich auf meine Hand setzte.

Was all diesen Begegnungen gemein ist, ist ein großes Maß an Vertrauen, das einem von den Tieren entgegengebracht wird. Und nicht immer spielt Futter dabei eine Rolle. Dieses Vertrauen ist es, was mich so tief berührt, dass jede dieser Begegnungen zum Highlight für mich wurde!

Eine andere Art von Vertrauen

Dieses Vertrauen kann auch ganz mühevoll und geduldig anerzogen worden sein, sodass die Duldung menschlicher Nähe nichts persönliches hat. Dafür aber ist das deutlich spürbare Bewusstsein, mit dem man wahrgenommen und toleriert wird, umso eindrücklichr. Auch das sehr menschliche Verhalten, die ausgeprägte Mimik und die schiere Größe der Tiere macht eine Begegnung mit ihnen so besonders – den Gorillas. So besonders, dass es für viele Menschen die Erfüllung eines Lebenstraums bedeutet…

Ein Albtraum für andere – für mich ein Lebenstraum

Nun nähern wir uns dem, was für mich in die oberste Highlight-Kategorie gehört. Wenn ich eine Klassifizierung vornehmen würde, gehörte dies Erlebnis zu den Top Drei: Tansania, im entlegenen Westen, ein Ort namens Sitalike – vor den Toren des Katavi Nationalparks – ein Fluss namens Katuma. Ein Fluss, der zur Trockenzeit kein Fluss mehr ist, ein Fluss, dessen Bett aussieht wie das berühmte Kopfsteinpflaster der Altstadt von San Juan in Puerto Rico.

Warum? Weil das ganze Flussbett voller Nilpferde ist. Dicht an dicht, hunderte, tausende. Als ich zum ersten Mal ein Bild davon sah, wusste ich, dass ich das unbedingt mit eigenen Augen sehen wollte. Und dieses Erlebnis war noch eindrucksvoller, als ich mir das jemals hätte träumen lassen!

Das Flussbett voller Hippos, die Campsite direkt am Flussufer, kein Zaun. Die Dämmerung brach herein, es wurde Nacht. Im Flussbett wurde es unruhig. Und alle Hippos, aber auch alle, verließen ihr schlammiges Plätzchen, um sich bei Dunkelheit auf Nahrungssuche zu machen. Wir lagen in unseren Zelten und waren umzingelt von hungrigen, schnaufenden, malmenden Hippos, die aufgrund der Trockenheit und Grasknappheit, zusätzlich gereizt vom Gedränge im Flussbett, permanent in Streit gerieten.

Es war stellenweise infernalisch laut, die Geräuschkulisse von Jurassic Park nahm sich dagegen wie leises Säuseln aus. Und das alles vor uns, hinter uns, neben uns! Trotz des Lärms schlief ich mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen (leider) ein. Nur einmal erwachte ich, als zwei der Schwergewichte direkt neben unserem Zelt laut brüllend aneinandergerieten. Uihuih, dachte ich mir schlaftrunken, besser du drehst dich um, weg mit dem Gesicht von der Zeltwandseite. Lieber den Rücken da hingedreht, der hält doch ein bisschen mehr aus.

Dachte es, drehte mich – und verschlief den Rest der Nacht. Mit einem beseelten Grinsen im Gesicht. Das Grinsen wich nur morgens kurz – vor Anstrengung. Ich hätte nämlich dringend aufs Klo gemusst, konnte aber nicht, denn die Kolosse standen nach wie vor grasend um unser Zelt herum….

Über Jahre schon die Nummer Eins auf der Hitliste der Highlights

Kaum jemand versteht es, doch es ist nach wie vor das unangefochtene Spitzenerlebnis – von Heinz und mir: Zentralkalahari, mitten im Nirgendwo, zwei Campsites, die lediglich gerodete Plätze sind, wo man seine Zelte aufstellen darf, ein Plumpsklo, sonst nichts.

Als wir nachmittags dort ankommen, suchen wir die von uns gebuchte Site und landen zunächst auf der falschen. Doch hoppla, dort sind drei Löwen! Ein altes, abgemagertes Männchen, das offensichtlich im Sterben liegt und zwei gesunde Weibchen, die über ihn wachen. Puh, zum Glück haben wir eine Buchung für den anderen Platz, der etwa einen Kilometer entfernt liegt.

Wir lassen uns natürlich auch dort nieder. Abends lauschen wir stets aufmerksam in die Dunkelheit – wegen der Löwen. Ein ruhiger Abend, eine ruhige Nacht vergeht, wir stehen in der Morgendämmerung auf und frühstücken gerade, als es vernehmlich im Gebüsch raschelt. Gleich darauf brechen die Raschler aus dem dichten Gras hervor. Doch es sind keine hungrigen Löwinnen, sondern Hühner. Und zwar Perlhühner, über dreißig Vögel. Ein Hahn, ein paar erwachsene Weibchen, der Rest Junghühner im noch braunen Jugendkleid.

Sie nähern sich ohne Scheu, inspizieren uns, den Platz und schließlich auch den Tisch. Heinz und ich sind entzückt. Jochen weniger, Annette schwankt zwischen Angst und Angewidertsein. Den Hühnern jedoch ist das egal. Heinz und mir auch.

Und so kommt es, wie es kommen muss: Annette und Jochen gehen auf eine Ganztagespirsch, Heinz und ich bleiben auf der Campsite. Bei den Hühnern…

Und wir verbringen einen unglaublich entspannten, glücklichen Tag miteinander. Die Perlhühner benehmen sich, als wären wir ihresgleichen, sie kommunizieren, wie wir es noch nie von ihnen gehört haben und sie sind völlig relaxed. Plötzlich aber, nach ein paar Stunden, sammeln sie sich wie auf Kommando und verschwinden im hohen Gras.

Heinz und ich sind richtig traurig darüber. Doch nicht lange und es raschelt erneut. Der Hahn reckt prüfend seinen Kopf aus dem Gestrüpp, sieht uns, gackert erregt – und schon sind wir wieder umgeben von zufrieden glucksenden Hühnern, die sehr erschöpft zu sein scheinen. Wie tot sinken sie nämlich darnieder und schlafen in aller Seelenruhe den Mittagsschlaf der Gerechten.

Dreimal geht das so, sie verschwinden, kommen wieder, höchst begeistert davon, dass auch wir noch da sind. Sie sind extrem zutraulich und neugierig, was darin gipfelt, dass einer der Youngsters einen Landeversuch auf meinem Kopf macht und, weil das nicht bequem genug ist, schließlich ein Nickerchen auf meinem Schoß absolviert. Leider existiert davon kein Foto, was ich extrem schade finde. Doch ich selbst konnte ja keines machen und Heinz war zu dem Zeitpunkt mit Brennholzhacken beschäftigt.

Aber auch ohne Beweisfoto dieser intimen Annäherungen werden wir diesen Tag niemals vergessen. Auch nicht, dass die Hühnerschar sogar bei uns übernachtet hat – in einem Baum über dem Lagerfeuer.

Ach ja, eins noch: wir hatten den ganzen Tag kein Auto, in das wir uns hätten zurückziehen können, wären die Löwinnen gekommen. Wir dachten uns, die Perlhühner würden uns schon rechtzeitig warnen. Doch, so glauben wir jetzt: sie dachten dasselbe von uns …

Ein Erlebnis, das den Perlhühnern beinahe den Spitzenplatz streitig gemacht hätte

Und ein Erlebnis, weswegen ich überhaupt auf die Idee kam, über meine Highlights zu schreiben. Ein Erlebnis, das sehr intensiv war, das auch anders hätte ausgehen können und – vom dem es so direkt auch kein Foto gibt.

Folgende Situation: wir haben uns für fünf Nächte häuslich im Nyamepi Camp im Mana Pools Nationalpark eingerichtet. Es ist, mit 36 Stellplätzen, das größte Camp im Park, aber Gott sei Dank weit entfernt davon, voll besetzt zu sein. Es ist nicht umzäunt und liegt direkt am Zambezi, weswegen wir täglich Besuch von Elefanten, Hippos und Hyänen haben. Für uns nichts Neues, nichts Beängstigendes, sondern eine Bereicherung. Allerdings eine, die man mit Respekt genießen muss.

Wir hielten uns stets im Hintergrund, wenn einer der täglichen Elefanten uns besuchte. Sie waren zwar äußerst friedlich, nichtsdestotrotz aber sind es wilde Tiere und man muss sie nicht unnötig provozieren. Eines Tages, ich hatte bereits mittags geduscht und war den ganzen Tag mit einem luftigen Kaftan herumgelaufen, kletterte ich nachmittags ins Zelt, um mir pirschfahrt-taugliche Klamotten anzuziehen.

Es war hellerlichter Tag, das Umziehen dauerte ja nicht ewig und es konnte auch keiner von vorne ins Zelt schauen. Deshalb zog ich den Reißverschluss auch nicht zu. Ich hatte gerade die langen Hosen übergezogen, als Blaze rief: “Barbara, stay in the tent, an elephant is coming.”

Nun ja, das war nicht weiter aufregend, doch irgendetwas sagte mir, ich vielleicht doch den Reißverschluss schließen. Ich zog also am Zipper. Weil der aber recht schwerfällig war, ich bereits den Schatten des Elefanten hinter dem Zelt erahnen konnte und ich zudem in dem 2 Meter hohen Zelt saß, bekam ich den Eingang nicht ganz geschlossen.

Macht auch nix, dachte ich mir und wollte mein T-Shirt überziehen, als es plötzlich ziemlich dunkel wurde und Blaze rief: “Barbara, don’t move, the elephant is in front of your tent! Don’t move!” Ja, dass das Tier direkt vor meinem Zelt stand, sah ich auch. Und gleich darauf noch etwas anderes: der Kerl streckte doch glatt seinen Rüssel zu mir rein!

Don’t move!, echote Blaze. Ich hingegen dachte mir nur: ich muss was dagegen unternehmen, dass der Elefant seinen Rüssel weiter reinstecken, denn damit würde auch der Reißverschluss weiter aufgehen. Und das wollte ich unbedingt vermeiden. Also hob ich meine Hand und drückte mit dem Handrücken ganz sanft, aber bestimmt gegen die tastende Nase des neugierigen Dickhäuters.

Der zog seinen Rüssel folgsam aus dem Zelt, schob sich rückwärts nach links, wendete – und verschwand. Zufrieden mit dem Ergebnis, zog ich mich nun fertig an. Ich glaube, Blaze und den anderen fielen mehrere Steine vom Herzen…

Ich dagegen war erstaunlicherweise völlig ruhig und erst im Nachhinein kam mir der Gedanke, dass das auch einen anderen Ausgang hätte nehmen können. Und mir wurde auch bewusst, was für ein einzigartiges Erlebnis das gewesen war.

Als ich die Geschichte zuhause erzählte, fragten mich all die Freunde, die immer völlig baff sind, dass es keinen Zaun gibt und wir auch keine Schusswaffen dabeihaben, ob ich denn davon ein Foto gemacht hätte. Also, Leute, das ist nicht euer Ernst! Doch Dank meines Berufs ließ sich da doch noch nachbessern. Da habt ihr euer Foto, ihr Helden!!!

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