Samstag, 3. Oktober 2009
Ach, welch wohlig Nachtruh liegt hinter mir, gestützt von meiner getunten Gartenliege, umfangen von Daunen, die sich noch immer da befinden, wo sie gestern Abend beim Schlafengehen auch waren. OK, ich will nicht übertreiben: ich habe gut geschlafen, Punkt. Immerhin! Geweckt werde ich vom Gekruschle Monis, die schon ihre Schilddrüsentablette geschluckt hat und nun mit den Hufen scharrt, weil sie sich schon so auf’s Frühstück freut. Gemächlich schäle ich mich aus dem Bett – das Bad ist ohnehin gerade besetzt – und freue mich auf einen neuen Tag. Chrissie kommt kurz darauf frisch geduscht aus dem Bad, ich übernehme die nächste Schicht und Moni flitzt schon mal los. Herrjeh, das ist ja schon fast Stress hier! Nach meiner Morgentoilette werfe ich mich in meine Klamotten und nun schreiten auch Chrissie und ich hinab in den Frühstücksraum. Moni mampft schon eifrig und unsere Mitgäste sitzen heute auch noch plauschend an ihrem Tisch. Unser „Guten Morgen“ schallt in den Raum und wird höflich, aber irgendwie recht distanziert erwidert. Wir sind offenbar noch nicht in den Inner Circle der Innergatter Gästevolez vorgedrungen. Während wir die von Anneliese übrigens ganz hervorragend bestückte Kaffeetafel kahlessen, werden wir Zeugen typischer Frühstücksraum-Blabla-Gespräche, bei denen sofort die Besserwisser- und Vielschwafler-Hierarchien klar werden. Unsere Augenbrauen wandern mal rauf, mal runter, die Mundwinkel zucken immer wieder verdächtig, aber alles in allem benehmen wir uns vorbildlich: wir lästern nicht, wir flüstern nicht und versinken auch nicht unter dem Tisch vor Lachen. Nein, man kann uns definitiv nichts vorwerfen. Trotzdem scheinen die „Normal-Gäscht“ unsere Andersartigkeit zu wittern und bald verlassen sie mit einem knappen „Scheena Dog no“ die Frühstücksstube. Wir hingegen zelebrieren die erste Mahlzeit des Tages in aller Ausführlichkeit: mit der Tasse auf den Balkon, wieder rein, ein neues Semmelchen streichen und noch ein Tässchen mit Aussicht genießen…
Zwischendrin muss ich mal kurz auf’s Zimmer hoch und begegne auf dem Rückweg einer der Gäschtinnen, die voll gerüstet mit Wadlstrümpf, Bundhose und kariertem Multifunktionshemd aus ihrem Zimmer gestapft kommt. „Ah,“ sag ich, betont leutselig „wo geht’s denn heut hinauf?“ „Wir machen heute den Dingskogel über’n Blasteig gleich droben beim Sowiesoabzweig. Nix großes, nur ein paar Stunden.“, tönt die Gäschtin. „Und wo geht’s ihr heut rauf?“ „Wir gehen nicht,“ provoziere ich sie, „wir fahren lieber. Wir sind zum Chillen da, gehen das Ganze gemütlich an und wollen eigentlich nur ein paar Tage entspannt rumhängen.“ Mit einem sehr zitronigen Lächeln wünscht sie uns viel Spaß beim – äh – Rumhängen und trampelt die Treppe hinunter, nicht ohne noch ein vernehmliches „Tstststs“ von sich zu geben. Werden wir haben, gute Frau, aber apropos Zitrone, erst mal müssen wir die Vertretungs-Annelies ausquetschen, wo sich gut rumhängen lässt. Kurz vor dem Einschlafen hatten wir gestern abend noch die Idee geboren, den heutigen Tag auf einer richtigen Alm verbringen zu wollen und zwar auf einer, die mit dem Auto zu erreichen ist. Auch Anneliese findet unsere Frage sichtlich eigenartig, gibt uns aber bereitwillig Tipps. Es gibt eine Alm auf unserer, der Ostseite des Tals, zu der man keinen Meter zu Fuß gehen muss und eine auf der Westseite, die eine Viertelstunde leichten Fußmarsches erfordert. Ganz eben ginge es da hin, sagt Anneliese, ein Kind der Steilhänge Südtirols…
Bei noch ein paar Tassen Tee und Kaffee erwägen wir die Vor- und Nachteile der Empfehlungen, können uns aber nicht letztendlich entscheiden. So beschließen wir, erst mal talwärts zu fahren und von dort aus die Sonnensituation der beiden Talseiten in Augenschein zu nehmen. Außerdem hatten wir noch die dekadente Idee, eine Flasche Prosecco zum Begießen unseres Mädls-Wochenendes zu erstehen. Aber zunächst müssen wir das Auto vom Parkplatz bekommen. Als wir gestern Abend aus Meran zurückkamen, wehte ein sehr starker Wind, der den Walnussbaum derart beutelte, dass ein wahrer Regen von Nüssen auf Chrissies Auto niederzugehen drohte. So wurden wir gebeten, das Auto nach unserem Dorfbesuch besser auf Annelieses Parkplatz abzustellen, der sich noch weiter unten befindet. Die Ausparkerei auf dem engen und steilen Hofgelände ist gar nicht so einfach, vor allen Dingen mit einem Heckantrieb. Der Motor jault, die Reifen drehen hilfesuchend auf dem unebenen, kiesigen Untergrund, aber nach mehrmaligem Rangieren, dem beliebten Kupplung-Gas-Handbremsen-Spaß, sind wir aus der Hofeinfahrt raus und juckeln runter ins Tal. Im Supermarkt erwerben wir eine Flasche Prickelwasser und begutachten den Sonnenstand. Der Osthang liegt noch völlig im Schatten, die Wiesen und Wälder der Westseite hingegen präsentieren sich schon in schmeichelndem Sonnenlicht. Somit ist unsere Entscheidung gefallen und wir steuern den Naserhof an, der knapp vierhundert Höhenmeter über dem Talboden liegt. Eine sehr schmale, kurvenreiche Straße windet sich durch Wald und Weiden, vorbei an einsamen Berghöfen, hinauf, der Sonne entgegen. Der Teer geht in Schotter über und bald darauf erreichen wir einen winzigen Parkplatz, von dem aus wir uns nun zu Fuß auf den Weg machen. Eben, hat sie gesagt, die Anneliese! Doch hier ist nichts eben: langsam, aber stetig zieht sich der Forstweg bergauf. Wir amüsieren uns schnaufend über die unterschiedlichen Interpretationen des Wortes „eben“ und deren noch unterschiedlichere lokale Bedeutungen. Aber klar, wenn man an einem Ort aufwächst, wo die Wiese hinter dem Haus wie eine senkrechte grüne Wand vor einem aufragt, dann ist dieser Weg in der Tat vergleichsweise eben. Doch tatsächlich, nach der vorhergesagten Viertelstunde erreichen wir den Naserhof. Vielleicht sind wir doch nicht so unsportlich oder die gute Anneliese hat vorab gleich ein paar Schlaffiminuten draufgerechnet. Egal. Nicht ganz so egal: ein paar Autos auf dem hofeigenen Parkplatz zeigen deutlich, dass wir auch weiterfahren hätten können. Doch was soll’s, wir sind ja jetzt da. Ein hübscher Berghof aus dunkelbraunem Holz, mit üppigen Blumen vor den Fenstern und Hirschgeweihen unter dem Giebel drückt sich in einen waldigen Hang, eine sonnige Terrasse, an deren Rand etliche Liegestühle platziert sind, empfängt uns. Schnurstracks steuern wir, mit der Pulle unter dem Arm, auf die Liegen zu und machen es uns gemütlich. Herrlich, von hier aus kann man bis Meran sehen, den Blick schweifen lassen und im wahrsten Sinne des Wortes herumhängen.
Hier oben merke ich zum ersten Mal richtig, wie sehr mich die Enge des Tals einschnürt, bedrückt. Gut, gestern waren wir in Meran, da ist das Tal auch luftiger und weiter, aber der Blick wird trotzdem durch Häuser und die umliegenden Berge gestoppt. Jetzt sieht man den Horizont! Blinzelnd behalte ich diesen im Auge, kuschle mich in meine sonnengeküßte Liege und atme befreit durch. Alle drei liegen wir da wie die Flundern und genießen die Sonne, die Weite, die Ruhe. Moni hievt sich nach einer Weile wieder aus der Liege, weil sie auf die Toilette muss. Höflich fragt sie den Wirt, „ob man denn hier auch auf’s Klo gehen könne.“ „Ja,“ entgegnet dieser finster und mißgelaunt, „auf’s Klo gehen kann man bei uns auch!“ Trotz Monis eiligem Versprechen, wir würden schon noch was bestellen, wird der Knabe nicht freundlicher. Was haben wir jetzt schon wieder falsch gemacht? Zugegeben, der Naserhof ist keine klassische Alm, die von einer „Zenzi“ betrieben wird, sondern ein durchaus gastronomischer Betrieb, ein klassisches Geheimtipps-Ausflugsziel, eine rustikale Jausenstation. Geld wird hier durch Gäste-Umsatz gemacht. So weit, so gut. WIR sind mit einer mitgebrachten Prosecco-Pulle unter dem Arm zielstrebig über die Terrasse gelatscht, haben geradezu invasorisch drei Liegen in Beschlag genommen, machen keinerlei konsumtechnische Anstalten und wollen dann auch noch die Sanitäranlagen mit mitgebrachtem, fremderworbenem Urin entweihen. Nicht die korrekte, feine englische Art und sicher ein Grund, unfreundlich zu reagieren. Oder war es eher Monis Frage? Da kommen drei Stadttussen, die sich hier breitmachen und auch noch blöd fragen, ob man denn dieserorts auf ein Klo gehen könne. Im Klartext übersetzt, interpretiert: „Da, wo wir herkommen, gibt es ja sowas wie Toiletten. Obwohl wir vermuten, dass man bei euch eher hinter den nächsten Busch bieselt, fragen wir doch mal sicherheitshalber an.“ Vielleicht hat der Wirt es auch so verstanden… Wir hingegen meinten es weder so noch so! Trotzdem haben wir hier offenbar erst mal verschissen. Um bei der Fäkalsprache zu bleiben: der Typ schaut uns mit dem Arsch nicht mehr an. Und da wir hier sowieso nur „rumhängen“ und sonst nichts zu tun haben, machen wir es uns zur Tages-Aufgabe, die Sache wieder geradezubiegen, nicht ohne unser eigen Wohl in den Vordergrund zu stellen. So also dösen wir weiter provokant in unseren Liegen, Moni klettert ein bisschen hinter der Hütte umher, Chrissie besucht ein Pony, das unterhalb der Terrasse auf einer tischtennisplattengroßen, ebenen Fläche steht und sie zur Begrüßung ziegenartig anmeckert, anstatt zu wiehern und ich inspiziere die Hofumgebung. Schließlich finden wir bei unseren Liegen wieder zusammen und haben Durst.
Unsere Prosecco-Pulle haben wir nach dem Grantel-Anfall des Wirtes gleich mal verschwinden lassen; diese nun zu öffnen, wäre die blanke Provokation. Deshalb schreiten wir aus praktischen Gründen zur von Moni bereits versprochenen Bestellung. Und ich, die „Diplomatie-Königin“ schlechthin bin die Auserwählte, den Miesgelaunten um diese Dienstleistung bitten zu dürfen. Ohne viel Schleimerei und schmeichelnden Federlesens ordere ich bestimmten aber höflichen Tones die Getränke: „Entschuldigung, könnten wir bitte drei Radler haben?“ Da ist alles drin; kein aktives Fordern, sondern defensives Bitten nebst Flehen um Gnade, ein Anflug weiblichen Zweifelns durch den Konjunktiv und, vor allen Dingen, keine direkte Anrede. Obwohl es in der Bergwelt eher üblich ist, sich zu duzen, wage ich selbiges in dieser zarten Annäherungsphase nicht, aber auch ein „Sie“ scheint mir nicht geeignet, zu viel Distanz zu erzeugen. Der Wirt grunzt bestätigend und ich schäme mich fast für meine berechnenden Worte; aber sie scheinen ihre Wirkung zu tun, denn kurz darauf bekommen wir unsere Radler ohne großes Murren direkt an die Liegen serviert. Die Übergabe ist ein wenig ruppig und er meidet jeglichen Blickkontakt. „Mei, danke, ist das ein Service“, bedanke ich mich und nach diesem ersten „Sieg“ fallen wir chillsüchtig und mit neu erworbener Rumhäng-Berechtigung wieder in unsere Liegen zurück. Mit fortschreitender Tageszeit laufen immer mehr Gäste auf dem Naserhof ein: eine Wandergruppe, die ihre recht früh beendete Tagestour hier feucht, sehr feucht, ausklingen läßt – Bauarbeiter, die in abartiger Geschwindigkeit von der sicher 150 Höhenmeter unter uns liegenden Baustelle den steilen Hang heraufgegemst kommen – ein ziemlich betagtes Ehepaar mit Walking-Stöcken, das alle Anwesenden bereitwillig und mit krächzender Stimme informiert, sie wären „von ganz unten“ losmarschiert – ein nicht ganz so betagtes Paar; sie sehr füllig mit erbärmlich dick angelaufenen Krautstampferbeinen in Kompressionsstrümpfen, der dazugehörige Gatte ist die Hälfte von ihr und superagil. Sie trinkt Schnäpse, er nippt an einer Apfelschorle.
Und mit all diesen erwähnten, aber auch den anderen, hier nicht belästerten Gästen plauscht unser Wirt bereitwillig im Rahmen seiner Plauderfähigkeiten – nur nicht mit uns. Aber warte, wir kochen dich schon noch weich, du Zwiderwurz! Bevor wir jedoch zur nächsten Sympathie-Gewinnungs-Phase (SGP) schreiten, lauschen wir interessiert. Da wird über das Wetter gesprochen, das für diese Jahreszeit wohl außergewöhnlich warm ist: normalerweise könne man dieserzeit nicht im T-Shirt hier rumlaufen. Merkst was, Wirt? Wenn Engel reisen… Doch was bei allen Gesprächsthemen auffällt ist, dass sich zeitlich vergleichend unterhalten wird: letztes Jahr, wie immer, war ja meistens anders, ihr wißt ja aus den Jahren davor, servus, bis nächstes Jahr, ja, nächstes Mal aber nicht im Oktober, sondern schon im August, usw. Mein Gott, das sind allesamt Stammgäste, Wiederkehrer! Und wir, die absoluten Neulinge, liegen hier einfach untätig und genießend herum! Es wird Zeit für Phase II! Genug haben wir gelauscht und unverschämterweise die Sonne nebst Aussicht genossen, jetzt haben wir Hunger. Wir nehmen mit unseren geleerten Radlerhumpen an einem der Terrassentische Platz, wälzen die Speisekarte und harren geduldig der Erhörung unserer Wünsche durch den Wirt. Der hat uns genau gesehen, tut aber geflissentlich so, als hätte er das nicht. Nach einer Viertelstunde des Wartens saust er demonstrativ mit abgewendetem Blick an unserem Tisch vorbei, doch gnadenlos wir er von uns angesprochen: „Entschuldigung, dürften wir bitte was bestellen?“ (Auf bayrisch klingt das alles viel netter, sympathischer; aber das schreibt sich originalgetreu nur schwerlich und verstehen werden es auch nur die wenigsten.) Er nickt kurz, rauscht an uns vorbei, verschwindet, taucht wieder auf, nimmt einen Umweg über einen anderen Tisch, plauscht, landet schließlich doch bei uns. Holla die Waldfee! Schon hat er unsere Bestellung aufgenommen und kaum fünf Minuten später haben wir das Gewünschte auf dem Tisch, sogar Chrissies Sonderwunsch – Hauswurst mit Brot statt Kartoffelsalat. Wir alle drei übrigens haben Hauswurst geordert; diese ist beachtlich feststoffig, feuerrot und ohne emulgierenden Senf nicht ganz so magenfreundlich. Der Senf übrigens ist aus München, wie wir: ein erneutes Merkst-was, Wirt? Der Kartoffelsalat hingegen ist perfekt: speckige Erdäpfel, ein gerüttelt Maß an Salz-Zucker-Essig-Dressing, kleine rote Paprikaschnirpsel und ein Topping aus almgarteneigenem Schnittlauch! Mein Lob für den Salat – SGP II – wird beim Abservieren genervt schnaubend abgetan. Doch wir haben dich, du Wirt! Bevor wir allerdings zur Königsdisziplin – SPG III – schreiten, lassen wir uns, die Wurst verdauend, wieder in unsere Liegestühle zurückfallen und die genießen die letzten Sonnenstrahlen.
Viel zu schnell wandert der wärmende Planet in hohem Bogen über den Himmel, gerade noch stand der zentrale Sonnenkreis voll vor dem blauen Hintergrund – Minuten später wird der äußere Strahlenradius bereits von den Westgipfeln des Passeiertals angeschnitten und es wird merklich kühler. Bereits unsere Fleecejacken über der Brust zusammenraffend, werden wir Zeugen eines weiteren, sehr interessanten Plausches: „Oh mei,“ beklagt sich der Wirt bei einer größeren Gästeschar „jetzt geht die schwere Zeit los, wenn das Törggelen anfängt. Da kommen auch noch abends Gäste!“ Unvorstellbar, unzumutbar! Gäste, die eine typisch südtirolerische, jahreszeitabhängige Brotzeitkomposition erfahren, genießen und bezahlen wollen, erdreisten sich, das erst abends, als Ausklang des Tages in Anspruch zu nehmen! Unser Mitgefühl ist beim armen Wirt, dennoch müssen wir ihn jetzt auch noch mit unserem ureigensten Anliegen behelligen: wir möchten gerne zahlen, bevor die Sonne weg ist und wir noch mehr hören müssen. SGP III nicht aus den Augen verlierend, bitte ich den leidgeprüften Gastronomen um Begleichung unserer Außenstände. Und? „Trinken die Damen no a Schnapsei?“ (Auch er vermeidet die direkte Anrede…) Jawohl, SGP III vollzogen, pares inter pares, wir sind an Bord – zumindest an der Reling der Stammgäste angelangt! Prost! Großzügig wird der spendable Gastwirt entlohnt und wir begeben uns auf den „weiten“ Weg zu unserer Karosse, nicht ohne nochmal das Pony zu besuchen. Der arme Vierbeiner freut sich unbändig über unseren Besuch und gibt Laut: das kleine Pferdchen meckert wie eine Ziege; es scheint nicht unter seinesgleichen aufgewachsen zu sein! Oh, armes Kleines! Das Pony hat einen beachtlichen Unterbiss, seine ebene Standfläche ist winzig, ohne Bewuchs, links, rechts, dahinter geht es steil bergab und alles fressbar Grüne ist Ampfer.
Wir verabschieden uns von dem bemitleidenswerten Steilwand-Geschöpf (Hufe und Skelett-Stand waren erstaunlicherweise OK, laut Moni) und traben zu unserem Auto. Fast „eben“ geht’s hinunter, wir steigen ein und poltern die Schotterpiste talwärts. Kurz vor der Mündung auf die geteerte Straße werden wir von einem Pkw ausgebremst, der übervorsichtig die ganzen restlichen Höhenmeter vor uns hereiert. Und wer sitzt drin? Das recht betagte Ehepaar, das angeblich von „ganz unten“ hochmarschiert ist und sich dafür bewundern ließ. Wie auch immer, Hut ab, aber wenn’s danach geht, sind wir heute auch erst mal runter, rüber und dann von ganz unten wieder rauf! Und jetzt umgekehrt: ganz runter, rüber und wieder rauf zum Innergatterhof, besinnen, wärmer anziehen, wieder runter, essen gehen. Die Wahl im Ort ist begrenzt und wir wagen uns bequemlichkeitshalber erneut in die Braugaststätte mit der Anmach-Gasse. Letztere bleibt uns heute erspart, denn in der Gaststube, die rechts vor der Pfeif-Meile abgeht, ist heute noch ein Tisch für uns zu finden. Wir speisen fürstlich, nahezu unbehelligt von jeglichem Gassenvolk, allein der Barfüßer strebt, heute in Socken und Schuhen, hinter der Bar hervor und erkundigt sich, ob es mir heute wärmer wäre. Ja, das ist es, allein schon meine Nase glüht vor Sonnenbrand, so sehr, dass ich gefühlt eine mittlere Kleinstadt damit beheizen könnte! Abgespeist und angebrannt kehren wir auf den Innergatterhof zurück, Frau PP ist auch wieder von ihrem Familientreffen da, freut sich, dass dem so ist, der Hof noch steht und wir gut Sonne abbekommen haben. Wir freuen uns auch: über den wunderbaren Tag in der Sonne, die Weite unserer Blicke, die hemmungslosen Lästereien, die wir unzensiert zelebrieren durften. Darüber, dass wir einfach nur wir sein konnten, nichts tun mussten, keine Pflichten hatten und vielleicht auch ein paar Sorgen gedanklich von der Sonne, dem Wohlgefühl beim wirklichen Rumhängen und einem kniggetechnischen Sorgenkind namens Wirt, verlagern bzw. umschichten lassen konnten. Schee war’s heut wieder, unglaublich schee, entspannend, wohltuend! Und der Prosecco ist halt jetzt noch fällig, als Betthupferl…
Berge mag ich noch mehr als das Meer.Tolle Geschichte!Die Fotos sind auch super!