Awesome! Diesen Ausruf tätigt der englische Muttersprachler vom regnerischen Inselreich ja gerne mal, wenn er etwas entdeckt, was ihn total begeistert. Und eine Wand voller Bilder ist sicher dazu imstande, solch eine Reaktion hervorzurufen, denn in Kreisen, die gesellschaftlich auf sich hielten, hatte man schon immer eine Vorliebe für dicht gehängte Bilder, sodass der vor Begeisterung im Falsett quiekende Brite sich wahrscheinlich ein Stück weit heimatlich umfangen fühlt.
Und, ja, ich muss ihm beipflichten. Erst vor kurzem hatte ich ja eine kleine, nach Bevölkerungsgruppen getrennte Betrachtung afrikanischer Wohn-Gewohnheiten gestartet, dabei aber den britischstämmigen Afrikaner wohlweislich außen vor gelassen. Denn wenn einer überhaupt etwas Wohnstil im Blut hat, dann ist es der Brite – eine Erwähnung dieser Fähigkeit hätte mir meine Lästerlust verdorben und, noch viel schlimmer, diesen Folgeartikel nahezu überflüssig gemacht. Das konnte ich nicht zulassen, wollte ich doch dringend über eines meiner Lieblingsthemen referieren – eine Wand voller Bilder!
Meine Freude, jedwede Art von Bildern dicht gedrängt an meinen eigenen Wänden zu platzieren, habe ich nun schon öfter erwähnt – und daran hat sich auch nichts geändert. Doch diese Pflasterung der senkrechten Innenwände mit gerahmtem Bildmaterial passt tatsächlich auch ganz hervorragend zum Thema Kolonialstil – wahrscheinlich, weil man angesichts einer solchen Hängung unwillkürlich erwartet, dass um Punkt 17 Uhr Scones mit Clotted Cream, begleitet von einer Porzellankanne, gefüllt mit einem perfekt aufgegossenen Schwarztee, serviert werden – auch, wenn man in Afrika weilt oder sich eben gerne dort befände.
Doch um diesen kolonial angehauchten Effekt zu erzeugen, genügt es nicht, einfach wahllos Bilder in irgendwelchen Rahmen an die Wand zu tackern, nein, das Ganze muss schon auch das gewisse Etwas haben. Am leichtesten gelingt dies übrigens, wenn man antike oder antik anmutende Rahmen verwendet. Doch woher nehmen?
Charakteristisch für Bilderrahmen aus vergangenen Zeiten ist meist ihr Statement-Charakter: eine dominante Leiste, die durchaus auffällig ist, aber trotzdem das Bild stützt und nicht erschlägt. Und genau diese dominanten Leisten bekommt man heute in der Regel nicht mehr zu kaufen, zumindest nicht, wenn man ein normales Einrichtungshaus oder einen Fotoladen, der auch Bilderrahmen anbietet, besucht. Gut, ein bisschen Schnörkel hier, ein bisschen ein breiterer Rahmen dort – das war’s dann aber auch schon.
Wo also bekommt man derartige Rahmen her, ohne für die Bilderwand gleich ein Vermögen auszugeben? Es gibt durchaus Möglichkeiten, wenngleich sie unter Umständen ein wenig Geduld erfordern.
Möglichkeit 1 – Flohmärkte
Klar, ich gebe zu, dass Flohmärkte im Zuge der zunehmenden Digitalisierung nicht mehr wirklich das Kauferlebnis vergangener Zeiten (und so lange sind die noch nicht her) vermitteln können.Jeder Hinz, jeder Kunz, kuckt selbstverständlich ins Internet, bevor er sein altes Geraffel – oder eben auch evenuelle Schätzchen – auf den Tapeziertisch packt und dem willigen Käufer feilbietet. Und eine Überprüfung ist recht einfach – heutzutage wird ein Foto gemacht, bei der Suchmaschinen-Bildersuche hochgeladen und schon weiß der vormals Ahnungslose, dass der alte Bilderrahmen, den er mal von Tante Ilse bekommen hatte und den er schon immer ganz grauenvoll fand, durchaus etwas antiquarisch Anerkanntes ist. Und schon schnellt die Preisvorstellung für einen Gegenstand, den man eigentlich gleich in die Tonne hätte treten wollen, nach oben.
Trotzdem kann man natürlich auch Glück haben und ein gutes Angebot finden. Und zu den guten Angeboten gehören auch kaputte Rahmen: in früheren Zeiten neigte man zu großen Formaten, und findet man nun einen solch großen Rahmen, der etwas ramponiert ist, sollte man zuschlagen, sofern man ihn für kleines Geld bekommt. Mit ein bisschen Geschick kann man nämlich aus den intakten Stücken des Rahmens einen neuen, kleineren zusammensetzen. Fehlt einem dieses Geschick, kann man mal bei einem Schreiner anfragen, am besten bei einem, der ein Herz für antike Stücke hat. Eventuell sogar so viel Herz, dass er derartige Rahmen schon lange selber fertigt und zum Kauf anbietet. Ich hatte das Glück, so einen Rahmenliebhaber kennenzulernen, allerdings ist er kein Schreiner, sondern Glaser. Und den braucht man vielleicht für den nächsten Schritt.
Sind die neuen Rahmen nämlich fertig, braucht man nur noch Glas, das man auch selbst zuschneiden kann oder eben einen Glaser damit beauftragt. Mit etwas Glück und dem entsprechenden Spürsinn wächst so die Sammlung alter Rahmen rasch an und will schließlich nur noch mit Bildern bestückt und aufgehängt werden. Ein Tipp am Rande: wer so schnell keine geeigneten Bilder findet, der kann einzelne Rahmen auch leer an die Wand hängen, denn sie sehen immer toll und dekorativ aus!
Auch ohne Bilder sind die Rahmen höchst dekorativ
Möglichkeit zwei – Onlineplattformen für Gebrauchtwaren
Die perfekten Orte, um die perfekten Rahmen zu finden – hier tummelt sich so ziemlich alles an Verkäufertypen, was man sich nur vorstellen kann. Es gibt professionelle Antiquitätenhändler, die ihre hochglanzpolierten Antikpreziosen zu hohen Preisen an den Käufer bringen wollen. Die brauchen wir nicht! Wir sind eher auf der Suche nach (semi-)professionellen Entrümplern, nach kleinen Hempels, die Nachlässe aufkaufen oder nach Leuten, die geerbt haben, nichts damit anfangen können und deshalb den Krempel zu relativ freundlichen Preisen anbieten. Da lassen sich oft ganz tolle Rahmen finden, die man manchmal auch im Paket erwerben muss – ein kleiner Nachteil. Aber lieber ein paar unbrauchbare Rahmen wegwerfen, als auf ein Schnäppchen, ein paar Traumrahmen verzichten! Damit’s kein Reinfall wird, sollte man sich allerdings die Bilder von der Ware und die dazugehörige Beschreibung besonders gründlich zu Gemüte führen, bevor man zuschlägt.
Möglichkeit drei – Nachbildungen oder auf antik getrimmte Rahmen erwerben
Suchmaschine anwerfen, Suchwörter eingeben: Rahmen, Bilderrahmen, Antik, Look, barock, Schörkel, breit, Gold, schwarz etc. Diese Suchbegriffe in unterschiedlichen Kombinationen verwenden, durch andere “antike” Begriffe ergänzen – und dann stets ein ganz besonderes Zauberwort hinzufügen: Polyresin bzw. Resinharz. Dieser Begriff erhöht drastisch die Wahrscheinlichkeit, dass wir im Reich der Nachbildungen landen und in der Regel auch bei Angeboten, die von auf derartige pseudoantike Rahmen spezialisierten Herstellern stammen. Gut, die sind auch nicht ganz billig, doch oft stößt man mit diesen Suchbegriffen auf Restpostenangebote oder stark verbilligte Ware, die der Vorjahreskollektion entstammt – und da wird’s dann richtig interessant!
Möglichkeit vier – moderne Rahmen dazukombinieren
Es müssen nicht zwingend alle Rahmen antik sein oder sich im Antik-Look präsentieren. Man kann auch durchaus Modernes in passenden Farben und/oder ausgefallener Leiste dazwischenmogeln. Das kann ganz toll aussehen und dem Rahmenensemble zusätzlichen Pfiff verleihen.
Ein paar ganz andere Ansätze
Eine Rahmenart in verschiedenen Formaten und Farben
Wenn man sich verschiedene Rahmenkollektionen ansieht, wird man feststellen, dass es viele Modelle gibt, die sowohl in unterschiedlichen Formaten als auch Farben erhältlich sind – und das oft auch noch superpreiswert. Man sollte sich bei der Suche auf eine Modellreihe konzentrieren, die eine schlichte, aber nicht zu schmale Leiste aufweist und deren Farbpalette eine Kombination innerhalb einer Farbfamilie zulässt. Wenn dann auch noch quadratische und rechteckige Rahmen in der Kollektion enthalten sind, hat man die perfekte Modellreihe gefunden. Mit solchen Rahmen lassen sich nämlich galerieartige Arrangements kreieren, die aufgrund ihrer formalen Strenge auch farbintensive, sehr bunte Motive vertragen, ohne sich in dieser Überfarbigkeit zu verlieren – die koloniale Salon-Anmutung bleibt. Letztere kann man aber auch verstärken, indem man Motive wählt, die nicht so schreien, dafür aber selbst ein “Achtung, antik!” signalisieren. Prädestiniert hierbei sind Stiche, Radierungen, Holzschnitte oder ähnliches.
Bilder veredeln mit Passepartouts
Passepartouts sind eine feine Sache, denn sie adeln das damit gerahmte Bild zusätzlich – sozusagen als Rahmen im Rahmen. Sie haben nur leider den Nachteil, dass sie relativ teuer sind. Zumindest “echte” Passepartouts, denn diese werden aus relativ starkem Karton geschnitten, der Schnitt ist allerdings kein simpler senkrechter, sondern ein Gehrungsschnitt im 45-Grad-Winkel. Und den bringt man ohne Übung und das geeignete Werkzeug nicht hin, weshalb man ein echtes Passepartout in der Regel käuflich erwirbt. Doch es gibt Möglichkeiten, preiswerte Passepartouts selbst zu schneiden. Im ersten Fall verzichtet man auf den so typischen Gehrungsschnitt und schneidet sich den zusätzlichen Rahmen aus einem stärkeren, farblich auf das Bild abgestimmten Karton. Das Ergebnis ist nicht ganz so edel wie beim Gehrungspassepartout, dafür aber ist die Farbauswahl größer (wenn man im Künstler- oder Grafik-Fachhandel einkauft).
Möglichkeit zwei, und das ist die, die auch ich bevorzugt anwende: ich generiere mir mein Passepartout am Computer und drucke es, zusammen mit dem Bild, anschließend aus. Grund für die Wahl dieser Methode ist folgender: ich habe nicht genug Originale, die ich für meine Bilderwand verwenden könnte. Doch das Netz ist voll mit Kunstwerken, die mir extrem gut gefallen und die ich in ausreichender Auflösung herunterladen kann. Ein solches Motiv passe ich dann formattechnisch auf einen Rahmen meiner Wahl an, ein großzügig bemessenes Passepartout, das sowohl zum Bild als auch zum Rahmen passt, inklusive. Farblich kann man in diesem Falle so lange herumprobieren, bis es perfekt ist.
Und dann erzeuge ich die Gehrungsoptik. Vier schmale Linien, die jedoch in Wahrheit Flächen sind, werden angelegt, direkt am Rand des “Gucklochs” platziert, an den Ecken im 45-Grad-Winkel verbunden und schließlich in unterschiedlichen Licht- beziehungsweise Schattentönen der gewählten Passepartoutfarbe eingefärbt. Ganz zum Schluss setze ich noch einen kleinen Schatten aufs Motiv und schon ist der 3D-Eindruck perfekt. Berücksichtigt man dabei auch noch den Platz, an dem das Bild hängen wird, ist das künstlich erzeugte Passepartout auf den ersten Blick kaum von einem echten zu unterscheiden. Befindet sich zum Beispiel links des gehängten Bildes ein Fenster, dann sollten auch Schattenwurf und Lichtkanten entsprechend platziert werden (Siehe Beispiel oben. Dies ist ein Fenster-links-Passepartout).
Fertig? Nie!
Eine Wandfarbe, passend zum Gesamtkonzept des persönlichen Kolonial-Looks – und man hat eine phantastische Bilderwand, die sich immer wieder aufs neue entdecken oder umdekorieren lässt! Als Motive für meine Traumwand habe ich übrigens Abbildungen einiger meiner (afrikanischen) Lieblingstiere gewählt und empfinde Tag für Tag große Freude darüber. Hin und wieder entdecke ich jedoch ein Bild, das mich noch mehr anspricht – und dann wird eines aus der Sammlung rausgenommen oder es kommt ein weiterer Rahmen dazu. Ein kleines bisschen Platz ist ja noch …
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