Doch diese Vormittags-Exkursion neigt sich jetzt ihrem Ende zu. Zur besten Mittagsessenszeit kehren wir ins Camp zurück und eilen gleich mal, mit Christian im Schlepptau, zu unserem Bungalow. Er möchte nämlich gerne wissen, ob die Fossa noch da ist – wie wir übrigens auch. Und ja, da liegt sie, wie hingegossen, neben unserem Nachbarbungalow und bläst leise schnarchend Atemluft in den staubigen Boden. „Sag mal, Christian, kann es sein, dass das gar nicht so einzigartig ist, wie wir denken? Ist das vielmehr eine Art Stammplatz fürs Fossa-Mittagsschläfchen?“ Christian hält sich bedeckt, sagt weder Ja noch Nein. Vielleicht will er uns die Freude über unseren tierischen Nachbarn nicht verderben, vielleicht aber geht auch etwas völlig anderes in seinem Kopf vor. Es ist Letzteres, doch was das ist und welche Folgen es hat, werden wir erst am nächsten Tag erfahren.
Mahlzeit …
Nun aber nickt Christian zufrieden, wünscht uns eine erholsame Pause und verspricht, pünktlich um halb vier auf dem Parkplatz für einen neuen Walk zur Stelle zu sein, bevor er sich seinerseits zurückzieht. Heinz und ich deponieren unsere Tagesrucksäcke im Bungalow, schlüpfen in luftige Sandalen und schlappen dann zum Restaurant, wo wir unser Mittagessen einnehmen wollen. Hah, so weit hat man uns schon gebracht, dass wir freiwillig lunchen, obwohl das normalerweise nicht unser Ding ist. Doch die Walks machen hungrig, auch wenn wir gemächlichen Tempos durch den Wald schlendern, und wir müssen Kräfte für den Nachmittag und Abend tanken, um zwei weitere Exkursionen voller Elan angehen zu können. Unsere gewünschten Gerichte mussten wir übrigens schon beim Frühstück vorbestellen, genau so, wie das Frühstück beim gestrigen Abendessen und das Abendessen beim Lunch. Klar, hier sind die Versorgungsmöglichkeiten ziemlich eingeschränkt, fast alles muss aus weit entfernt liegenden Dörfern herbeigeschafft werden und da möchte man natürlich vorausplanen, soweit das irgend möglich ist. Verständlich. Doch das ändert nichts am von Haus aus dürftigen Speisenangebot, das besonders im Bereich der leichteren Kleinigkeiten eine deutliche Schwäche zeigt. So hat Heinz sich notgedrungen für Zebu entschieden, ich für Nudeln mit Tomatensauce. Es macht satt, übersatt, mehr will ich dazu nicht sagen… Und, dass wir jetzt fürs Abendessen vorbestellen müssen. Keine leichte Entscheidung – und doch nichts leichter als das, schließlich ist die Auswahl, wie bereits erwähnt, sehr begrenzt. Doch es gibt Wichtigeres als Essen. Zum Beispiel das anschließende Abhängen vor unserem Bungalow.
Und da gibt es wieder viel zu sehen: Larvensifakas, die hoch über uns in den Bäumen herumturnen, einen Wiedehopf auf Nahrungssuche, eine Schar gelbroter Sakalavenweber, eine Paradieswitwe mit blauem Augenring, Eidechsen, die die Sonne genießen, unsere immer noch schlafende Fossa, einen Riesen-Seidenkuckuck, der unglaubliche Geräusche von sich gibt, und, nicht zu vergessen: neu hinzugekommene Touristen.
Langsam beginnt Heinz und mir auch klar zu werden, was Christian meinte, als er sagte, wir seien ja so lange hier. Das Eco Camp im Kirindy ist ein einziges Kommen und Gehen. Die Heerscharen von Touris, die gestern auf der Nachtexkursion zugange waren, kamen wohl größtenteils von außerhalb und verschwanden danach in umliegenden Lodges. Heute Morgen war wenig los und erst jetzt, am frühen Nachmittag, trudeln erneut Besucher ein. Im Bungalow hinter uns wird zum Beispiel ein italienisches Pärchen einquartiert. Die Donna, eine Muster-Matrone beeindruckender Ausmaße, beschäftigt sich sofort mit Dingen, die für Donnas typisch sind: Gepäck ordnen, Wäsche sortieren, ihren Gatten nerven, Kaffee trinken. Der Gatte hingegen, in kämpferisches Camouflage und Schilfgrün gewandet, bricht spähend im Gebüsch zwischen den Bungalows herum, schleppt eine zentnerschwere Fotoausrüstung umher und bedeutet seinem Eheweib, sich ruhig zu verhalten, um seine Pirsch nicht zu gefährden. Plötzlich eilt der Guide der Italiener herbei und brüllt in recht unprofessioneller Lautstärke durchs Gestrüpp: „Makis, Signore, Makis!“ Der Signore eilt zum Bungalow, fluchend, denn er hat das Stativ nicht am Mann, entledigt sich im Eifer des Gefechts seines T-Shirts, und postiert sich anschließend, seinen beachtenswerten, nackten Ranzen über den Hosenbund hängend, mit Kamera und Stativ zwei Meter neben unserem Häuschen. Ein Anblick mit einem gewissen Mangel an Ästhetik, doch wir amüsieren uns köstlich, zumal wir uns nicht im geringsten bemüßigt fühlen, den in großer Höhe herumturnenden Lemuren hinterherzujagen. Die hatten wir heute schon näher und, sozusagen, mit Handshake. Da können wir also die fernen Makis generös dem erregten Italiener überlassen und uns zusätzlich daran erfreuen, dass der Fossenbock noch immer unter dem anderen Bungalow ruht, unbehelligt vom Signore im Jagdfieber. Ach, was sind wir gemein…
Warum der Fossenbock riecht wie er riecht …
Als sich die Makis in die Baumkronen hinter dem Camp verflüchtigt haben, zieht sich auch der schwitzende Italiener mit seiner fotografischen Ausbeute in seinen Bungalow zurück und bereitet sich wahrscheinlich mental auf die Abendpirsch vor. Er schließt die Tür mit einem energischen Knall – und ward nicht mehr gesehen. Hätte er nur zehn Minuten länger ausgeharrt, wäre ihm der Fossenbock, der sein heutiges Tagesschläfchen für beendet erklärt, wohl noch vor die Linse gesprungen. So aber gestaltet sich das Erwachen der männlichen Senior-Fossa mal wieder zu einem Erlebnis, das einzig und allein Heinz und mir vorbehalten ist. Der Kater robbt unter dem Nachbar-Bungalow hervor, macht einen angedeuteten Katzenbuckel, streckt sich und trabt langsam von dannen, hinein in die Tiefen des Waldes. Dabei verteilt er eine großzügig bemessene Urinmenge. Doch nicht gezielt spritzend, wie ein Katzen-Kater es tun würde, sondern schlenkernd, während des Gehens. Das scharf riechende Pipi läuft ihm an den Innenseiten der Oberschenkel herab und wird mit entspannten Hüftschwüngen in der näheren Umgebung verteilt. Das Ganze hat ein bisschen was von Inkontinenz. Der Fossenbock ist auch schon reiferen Alters, was wir beim Gähnen an seinen abgenutzten Zähnen erkennen konnten, er wirkt jedoch alles andere als altersschwach. Doch wie auch immer dieses Verhalten zu deuten ist, ob nun als Inkontinenz, als alterslässiges Markieren oder gar als fossatypisch, so erklärt es zumindest überdeutlich, warum der Fossenbock gar so streng riecht…
Kirindy Forest – Die Pirsch geht weiter
Wir winken ihm hinterher und rüsten uns bald darauf – es wird Zeit für unsere Nachmittagsexkursion. Es ist immer noch sehr heiß, doch pünktlich um halb vier kann man eine leichte Abkühlung erahnen, für die wir sehr dankbar sind. Fitah und Mamy, unsere Hochlandjungs, natürlich erst recht. Allein Christian macht das nichts aus, er erscheint mal wieder, den Temperaturen ihren Tribut zollend, in kecker kurzer Hose, Flip-Flops und einem gewagt gemusterten Hawaii-Hemd. „Es ist heiß heute. Mal schauen, was wir bei dieser Hitze so entdecken können.“ Und ja, die Hitze schlägt zu Buche, was unsere Tiersichtungen betrifft. Wir sehen eine Madagaskar-Zwergohreule, die verschlafen blinzelnd aus einer kleinen Baumhöhle zwinkert, einen dicken schwarzen Skorpion, den Christian unter der Rinde eines abgestorbenen Baumes hervorkitzelt, dann tut sich lange nichts mehr. Christians alte Guidesorge scheint sich ob der dürftigen Tiersichtungen schon wieder ihren Weg zu bahnen, denn er sieht uns einige Male etwas prüfend und besorgt an. Doch offenbar kann er kein Zeichen der Verdrossenheit an uns erkennen. Im Gegenteil. Begeistert fotografiere ich die Rinden diverser Bäume und frage ihn ein Loch in den Bauch, Heinz erfreut sich an der warzigen Rübe einer Adenia und deren meterlangem Trieb und auch sonst fühlen wir uns gut unterhalten.
1. Neobeguea mahafaliensis 2. Commiphora arofy 3. Neobeguea mahafaliensis
4. Adansonia rubrostipa 5. Neobeguea mahafaliensis
6. Commiphora sp. 7. Adenia refracta 8. Commiphora sp.
9. Delonix floribunda 10. Adansonia rubrostipa
11. Zanthoxylum tsihanimposa 12. Commiphora sp. 13. Hildegardia erithrosyphon
14. Unbekannt 15.Commiphora guillaumini
Christian wirkt erleichtert, freut sich aber trotzdem riesig, als er uns gegen Ende unserer Exkursion noch einmal Schmalstreifenmungos präsentieren kann. „Ihr habt echt Glück, die sieht man nicht so oft!“, flüstert er. Wir schleichen uns an den munteren Trupp heran, verhalten uns dann still und warten ab. Die Mungos kommen immer näher. Eines der Tierchen beginnt, keine drei Meter von mir entfernt, erregt ein Erdloch zu buddeln. Portionsweise schaufelt es Erde hinter sich, das Loch wird immer tiefer. Der Mungo passt zuerst mit seinem Köpfchen rein, dann mit dem Oberkörper und verschwindet schließlich fast ganz in der Höhle. Zwar prüft er alle paar Sekunden, ob die Luft auch oberirdisch weiterhin rein bleibt, bemerkt jedoch scheinbar nicht, dass ich seine Buddelphasen nutze, um mich Zentimeter für Zentimeter näher zu pirschen. Als der Mungo schließlich Beute aus dem Loch sicherstellt und genüsslich verzehrt, bin ich ihm bis auf einen halben Meter auf den Pelz gerückt. Schmatzend und kauend behält er mich, etwas überrascht, im Auge, fiept dann kurz und trabt seinen Artgenossen hinterher, ohne übertriebene Eile walten zu lassen.
„Ihr seid echt geduldig bei der Tierbeobachtung“, lobt Christian. „So nahe lassen sie einen selten ran. Habt ihr übrigens gehört, wie sie sich unterhalten? Aufgrund der Geräusche, die sie von sich geben, werden sie auf Malagasy Bokyboky genannt.“ Wir freuen uns über Christians Lob und auch darüber, dass uns die Mungos so dicht an sich herankommen ließen. Wir können uns jedoch nicht des Eindruck erwehren, dass man hier, im Kirindy oder in ganz Madagaskar (das müssen wir noch herausfinden), eine ungewöhnliche Auffassung von Scheu hat. Bis jetzt nämlich ist noch kein Tier so wirklich vor uns ausgebüxt und schon gar nicht in dem Tempo, das wir von anderswo kennen. Liegt das daran, dass die Tiere des Kirindy an herumschlendernde Menschen gewöhnt sind, dass sie wissen, dass ihnen hier nichts geschieht, oder haben sie sich ein argwohnfreies Zutrauen bewahrt, weil es kaum Raubtiere gibt, die ihnen nach dem Leben trachten? Nein, Letzteres kann nicht sein. Wir denken an den armen Fonzy aus Morondava, der von Menschen verspeist werden sollte und dabei seine Eltern verlor, an die Fossas, die bestimmt nicht den ganzen Tag nur Nickerchen machen und an all die Menschen auf der Insel, die immer mehr Platz benötigen und dabei sicher auch wenig rücksichtsvoll mit Tieren umgehen. Sei es mit Räubern, die ihr Geflügel töten, mit Vögeln, die ihre Fische jagen, Schlangen, die sie beißen könnten, oder Lemuren, die ihre Felder plündern. Doch was ist es dann, was die Tiere hier, in Relation gesehen, so vertrauensselig macht? Wir werden diese Frage weiter verfolgen und versuchen, eine Antwort darauf zu finden. Das aber wird heute Nachmittag wohl nicht mehr gelingen, denn unser Walk neigt sich seinem Ende zu.
Die Dunkelheit (verhüllt nicht alles) – eine Nachtpirsch
Bald laufen wir erneut im Camp ein, um uns dort kurz zu erfrischen und zu erholen, bevor wir uns schon wieder zu einer Exkursion in den mittlerweile dunklen Wald aufmachen. Sechs Uhr, Treffen am Parkplatz. Doch Heinz und ich sind etwas zu früh, weshalb wir ein paar Minuten auf dem Parkplatz, neben dem öffentlichen Klo und den Personalduschen, herumstehen. Wir inspizieren den mittlerweile geschlossenen Souvenirshop, als eine Fossa vor uns über den Platz läuft, schnurstracks vor unseren Augen vorbei, auf die öffentliche Dusche neben dem schwarzen Hotelgebäude zu. Dort schnüffelt sie interessiert an einer Wasserpfütze vor dem Waschbecken, trinkt einen Schluck und schnüffelt weiter. Mann, schon wieder eine Fossa! Das ist ja beinahe inflationär! Gebannt, doch längst nicht nicht mehr so aufgeregt wie bei unserer ersten Fossa-Sichtung, beobachten wir das umherstromernde Raubtier. Dabei übersehen wir völlig, dass sich gerade ein einheimischer Guide draußen, vor dem Waschbecken, nach seiner wohlverdienten Dusche abtrocknet. Und statt uns rücksichtsvoll abzuwenden, starren wir weiter auf die Fossa. Der Guide beendet seinen Trockenakt, dreht sich genervt zu uns herum, ohne sein bestes Stück vorher mit dem Handtuch zu bedecken und lässt, ich kann es nicht anders sagen, seinen Schwengel demonstrativ kreisen. Huch, Tschuldigung, sorry, tut uns leid, wir sind schon wieder weg und haben auch kein Foto von dir gemacht. Nicht mal aus Versehen. Und weil wir die Genervtheit des Parkangestellten gut nachvollziehen können, verraten wir Christian auch nichts von unserem Erlebnis, als er kurz danach auf dem Parkplatz auftaucht. Er könnte es falsch verstehen und sich in seiner Position als Chef-Guide genötigt fühlen, den Betreffenden, sofern er ihn denn identifizieren kann, scharf zu rüffeln. Das wäre echt ungerecht, denn schließlich waren ja wir schuld. Also schweigen wir grinsend…
Wenig später sind wir alle versammelt und hüpfen ins Auto. Wieder fahren wir auf den gleichen Parkplatz wie gestern Abend, doch diesmal herrscht dort himmlische Ruhe. Nur ein paar andere Autos stehen da, man sieht keine Lichter im Wald und hört auch niemanden reden. So gefällt uns das schon viel besser!
Genüsslich stapfen wir in die Stille und werden sogleich mit einem saftleckenden Gabelstreifenmaki belohnt. Bald darauf folgt ein Grauer Mausmaki, der in einer kleinen Baumhöhle sitzt und uns knopfäugig anblinzelt. Weil wir ihn nicht unnötig blenden wollen, lassen wir ihn jedoch bald wieder allein und machen uns auf die Suche nach einem anderen Tier. Heute Nachmittag hatten wir ja einen recht stattlichen Skorpion gesehen. Deshalb habe ich jetzt meine UV-Lampe mitgenommen, in der Hoffnung, vielleicht noch einmal einen Skorpion zu finden und ihn zum Leuchten zu bringen.
Christian hat von diesem Effekt noch nie etwas gehört und ist ganz versessen drauf, ihn mal zu sehen. Eifrig sucht er deshalb nach abgestorbenen Bäumen und lugt überall unter deren lose Rinde. Da! Ein kleiner schwarzer Skorpion zeigt sich und wir alle scharen uns um den Baumstumpf. Sogar Fitah, dem natürlich auch Skorpione nicht ganz geheuer sind. Dann knipse ich die UV-Lampe an und der Skorpion erglüht in gespenstischem Neongrün. Christian, Mamy und Fitah staunen und sind begeistert, auch wenn der Achtbeiner nur ein kleiner ist und sich ziemlich schnell wieder unter der schützenden Rinde verkriecht. „Wie bist du auf die Idee mit der UV-Lampe gekommen?“, fragt Christian. Ich erzähle ihm, dass ich von diesem Phänomen gelesen hatte und es unbedingt mit eigenen Augen sehen wollte. Und auch davon, dass ich im ersten Urlaub, in dem ich diese Lampe dabei hatte, jeden Abend schier alles und jedes Eck befunzelt hatte, ohne auch nur einen einzigen Skorpion zu entdecken. Der nächste Urlaub war dann schon erfolgreicher: ein grauer Skorpion im Richtersveld und eine ganze Heerschar davon im Goegab Nature Reserve in Südafrika, zuzüglich diverser Solifugen, die ebenfalls leuchteten, wenn auch wesentlich schwächer als ihre gepanzerten Verwandten. „Solifugen, was ist das?“, will Mamy wissen. Mhm, in solchen Momenten habe ich stets recht zweischneidige Gefühle. Auf der einen Seite finde ich es toll, naturinteressierten Guides etwas Neues, Spannendes zeigen zu können, was meist mit größtem Interesse aufgenommen wird, andererseits jedoch ist es mir auch irgendwie unangenehm. Wir, die reichen Touristen, reisen auf der ganzen Welt umher und haben zudem noch ein Equipment dabei, das sich ein einheimischer Guide wahrscheinlich nie würde leisten können, hätte er die Möglichkeit, es überhaupt irgendwo zu erwerben. Oft schon war ich deshalb am Überlegen, einen solchen Gegenstand einfach herzuschenken, habe es aber dann doch nicht getan. Erstens müsste ich so stets eine Kiste voller UV-Lampen, Wildkameras, Ferngläser und Fachbücher mit mir führen, um alle entsprechend gerecht damit zu bedenken, was wirklich zu weit führen würde – auch finanziell. Zweitens, und das ist noch viel ausschlaggebender, wirft ein derartiges Geschenk oft unlösbare Probleme auf. Die UV-Lampe, zum Beispiel, wird mit einem Akku betrieben, der ein spezielles Ladegerät benötigt, das ich aber in Deutschland gelassen und stattdessen nur einen zweiten, vollen Akku mitgenommen habe. Tja, was könnte nun Christian, der sicher großen Spaß an der Lampe hätte, mit ihr anfangen? Leuchten, bis die zwei Akkus leer sind. Und dann?
Doch Christian scheint auch so glücklich zu sein. „Das war toll! Etwas ganz Neues für mich, das ich sicher meinen Auszubildenden vermitteln werde. Solches Wissen kann einen Walk gleich viel interessanter machen, vor allen Dingen dann, wenn man sonst nicht so viel sieht. Danke!“ Wir hingegen können uns nicht beklagen, zu wenig zu sehen. Wir sind schon wieder auf dem Rückweg zum Parkplatz, als Christian ein Chamäleon (Furcifer nicosiai) entdeckt, das mit zusammengerolltem Schwanz in einem Baum sitzt. Ach, wie gerne würde ich das jetzt aus seinem Ast pflücken und auf meiner Hand spüren! Doch leider sitzt es zu weit oben und die feine, englische Art ist es ja auch nicht gerade, ein schlafendes Chamäleon zu wecken. Und auch, wenn ich mich bis jetzt deutlich „unterchamäleonisiert“ fühle, begnügen wir uns mit ein paar Fotos und ziehen schließlich weiter. Fast haben wir den Parkplatz schon wieder erreicht, als Christian einen weiteren Lemuren entdeckt. Es ist ein Südlicher Riesen-Mausmaki, der mit einer Körper-Schwanz-Länge von über 50 Zentimetern unseren grauen Winzling vom Anfang des Walks deutlich überragt. Wah, das nenne ich mal eine Sichtungsquote! Denn mit diesem Maki haben wir an nur einem Tag und einem Abend bereits sechs der im Kirindy Forest lebenden neun Lemurenspezies gesehen. Fehlt uns nur noch der Westliche Fettschwanzmaki, der Zwerg-Mausmaki und der kleinste aller, Madame Berthes Mausmaki. Nicht, dass wir hier Liste führen und abhaken würden, aber das ist wirklich toll! Niemals hätten wir erwartet, derartig viele verschiedene Tiere zu sehen und fühlen uns nun, am Ende unseres ersten vollen Tages im Kirindy, natürlich fürstlich belohnt.
Kirindy, Christian, ihr seid fantastisch! Mit diesem Hochgefühl fahren wir schließlich ins Camp zurück, verabreden uns für den nächsten Morgen und beschließen diesen Tag mit einem Essen. Christian, Mamy und Fitah in der Mannschaftskantine, Heinz und ich im Restaurant, wo wir ja mittags bereits vorbestellt hatten. Hähnchen für Heinz, Minesao für mich. Fehlen nur noch die Getränke. „Bitte je ein Bier!“ „Ach, das tut mir leid, aber wir haben kein Bier mehr!“ Was? Nein, das Getränk, auf das wir uns jetzt, nach einem Tag, an dem wir die Zellen unseres Körpers mit lauwarmem, kohlensäurefreiem Wasser bei Laune gehalten hatten, am meisten gefreut haben, ist definitiv nicht mehr erhältlich. Von einem GAU dieser Art hatte uns Mamy übrigens bereits berichtet. Auf einer seiner früheren Touren war eben jener Fall schon einmal eingetreten und der schwer getroffene Tourist wollte deshalb sofort abreisen. Mamy erzählte uns kichernd, er sei deshalb nachts ins nächste Dorf gefahren und hätte sämtliche Biervorräte aufgekauft, um den Kunden, übrigens ein Engländer, bei Laune zu halten. Was schließlich auch gelang…
Eine nette Geschichte. Doch so dringend ist es bei uns nicht, dass wir Mamy aktivieren müssten. Stattdessen ordern wir Cola und Sprite, verzehren unser Essen und fallen anschließend müde ins Bett. Die siebeneinhalb Stunden, die wir heute zu Fuß unterwegs gewesen waren, fordern ihren Tribut. Noch ehe wir den zweiten Fuß unter das Laken bekommen haben, sind wir auch schon eingeschlafen.
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